Aus der Gesetzgebung
Wachstumschancengesetz 2023 – Umsatzsteuer
Der Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes sieht neben zahlreichen Änderungen weiterer Gesetze auch Änderungen des Umsatz-steuergesetzes (UStG) vor. Hier ist vor allem die Einführung der verbind-lichen „eRechnung“ für Inlandstransaktionen zwischen Unternehmern hervorzuheben.
Verbindliche "eRechnung" für Transaktionen zwischen inländischen Unternehmern
Schon bislang können Rechnungen auch als elektronische Rechnungen versendet werden. Ein bestimmtes Format ist derzeit (umsatzsteuerlich) nicht vorgeschrieben, es müssen jedoch die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit gewährleistet sein. Die Verwendung elektronischer Rechnungen bedurfte bislang der Zustimmung des Rechnungsempfängers. Nun soll der Begriff der „elektronischen Rechnung“ auf Rechnungen eingeschränkt werden, die in einem bestimmten strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden und eine elektronische Verarbeitung ermöglichen (im Weiteren „eRechnung“) – andere elektronische Rechnungen und Papierrechnungen sollen künftig als „sonstige Rechnungen“ gelten. Maßgeblich sollen dabei die europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung und die Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 sein. Diese sind in Deutschland gegenwärtig schon für die verbindlichen elektronischen Rechnungen gegenüber bestimmten öffentlichen Stellen (B2G) auf Basis dieser Richtlinie (und der nationalen deutschen Umsetzungsakte) in Gebrauch.
Der Einsatz von “eRechnungen“ soll unter Unternehmern (B2B) verbindlich werden, sofern sowohl der leistende als auch der leistungsempfangende Unternehmer im Inland ansässig sind. Unter diesen Voraussetzungen soll die Verpflichtung zum Einsatz von „eRechnungen“ für alle Unternehmer unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Umsatz gelten. Die Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung dem Grunde nach wird allerdings nicht ausgedehnt (so soll auch weiterhin grundsätzlich keine Rechnungsausstellungspflicht in Fällen von Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG gelten). Ausnahmen sind für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise vorgesehen (§§ 33, 34 UStDV). In den übrigen Fällen bedarf eine elektronische Rechnung (im oben angesprochenen oder in einem anderen Format) wie bislang der Zustimmung des Empfängers. Die Fassung des Referentenentwurfs entspricht mit nur einigen offenbar eher klarstellenden als inhaltlich relevanten Änderungen weitgehend der im April 2023 vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgestellten Entwurfsfassung.
Angabegemäß soll die obligatorische Verwendung der „eRechnung“ die zu einem späteren Zeitpunkt zur Einführung vorgesehene Verpflichtung vorbereiten, Transaktionen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches System der Verwaltung zu melden, das zunächst Inlandssachverhalte umfassen soll. Dadurch sollen die technischen und organisatorischen Umstellungsarbeiten zeitlich entzerrt werden. Ein Antrag, von einschlägigen Vorschriften der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie abweichen zu dürfen, liegt dem Rat der EU bereits vor. Dem Entwurf zufolge soll die Änderung mit Wirkung ab 2025 in Kraft treten, allerdings ist eine gesetzliche Nichtbeanstandungsregelung vorgesehen, falls der Unternehmer während des Jahres 2025 nicht mit einer E-Rechnung abrechnet, sodass die Regelung offenbar de facto ab 2026 greift. Nach einer weiteren Regelung soll noch für bis einschließlich 2027 ausgeführte Umsätze anstelle einer elektronischen Rechnung im neuen Sinne eine Electronic-Data-Interchange (EDI)-Rechnung verwendet werden können (umsatzsteuerlich, nicht nach anderen Vorschriften).
Die Änderung ist wohl auch in Zusammenhang mit dem einstweilen nur im Entwurf vorliegenden Richtlinienvorschlag „VAT in the Digital Age“ (ViDA) zu sehen, für den der Zeitplan noch unklar ist: Hierdurch möchte die EU auf Basis einer (annähernden) Echtzeitrechnungsstellung in einem strukturierten Format eine Echtzeitmeldung bestimmter innergemeinschaftlicher Transaktionen einführen (vgl. dazu Ausgabe 2 unseres Newsletters Umsatzsteuer-News vom Februar 2023).
Weitere geplante Änderungen
Daneben sind weitere Neuerungen vorgesehen. So sollen Umsätze, die dem Tatbestand des § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG (Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nr. 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes und bestimmter weiterer Berechtigungen, Zertifikate usw.) unterliegen, künftig ebenfalls in den Genuss einer bestehenden Vereinfachungsregelung kommen. Die Vereinfachungsregelung in § 13b Abs. 5 Satz 8 UStG betrifft näher bestimmte Fälle, in denen die Beteiligten übereinstimmend den Umstand verkannt hatten, dass es nach objektiven Kriterien tatsächlich nicht zum Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger kam: Dann gilt unter bestimmten weiteren Voraussetzungen der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Diese Änderung soll zum 1. Januar 2024 wirksam werden.
Vor allem für kleinere und kleinste Unternehmer sieht der Entwurf des Wachstumschancengesetzes 2023 Entlastungen von Bürokratie vor. Kleinunternehmer nach § 19 UStG sollen – außer für bestimmte Transaktionen, wie vor allem innergemeinschaftliche Erwerbe oder Fälle des Übergangs der Steuerschuldnerschaft, und vorbehaltlich einer Aufforderung durch die Finanzbehörden – von der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldung und Umsatzsteuer-Jahreserklärungen befreit werden. Hinzu kommen Änderungen der Fristen, binnen derer ein Kleinunternehmer auf die Besteuerung nach § 19 UStG verzichten oder seinen Verzicht widerrufen kann. Die Gesamtumsatzschwelle nach § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG (bislang 600.000 Euro) wird auf 800.000 Euro heraufgesetzt: Bis zu diesem Betrag kann das Finanzamt auf Antrag eine Besteuerung nach vereinnahmten anstatt nach vereinbarten Entgelten gestatten. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Euro (bislang 1.000 Euro), kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Die Änderungen treten zum 1. Januar 2024 in Kraft, vorgesehen ist eine Anwendung der Neufassungen der §§ 18, 19 UStG aber bereits für den Besteuerungszeitraum 2023.
Weitere vorgesehene Änderungen betreffen zum Beispiel Anpassungen mit Bezug auf die Steuerermäßigung der Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG), sowie Steuerbefreiungsvorschriften, die die Tätigkeiten der Verfahrenspfleger und Verfahrensbeistände nach bestimmten Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zum Gegenstand haben. Schließlich sollen durch eine Änderung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 3 UStG der Durchschnittssatz und die Vorsteuerpauschale für Landwirte ab 1. Januar 2024 auf 8,4 Prozent angepasst werden. Die Änderung zur Steuersatzermäßigung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, die angesprochenen Änderungen der Steuerbefreiungsvorschriften sowie die Anpassung des Durchschnittssatzes zum 1. Januar 2024.
Hinweis
Es sollte beachtet werden, dass Gesetzesentwürfe erfahrungsgemäß noch Änderungen (auch substanzieller Art) erfahren können, insbesondere ist es keineswegs ungewöhnlich, dass vorgeschlagene Änderungen ihrerseits abgeändert und weitere Änderungen des UStG und anderer Gesetze in spätere Entwurfsfassungen eingefügt werden.
Fundstellen
Referentenentwurf eines Wachstumschancengesetzes 2023
Ermächtigung Deutschlands zur Abweichung von der Richtlinie: Vorschlag der EU-Kommission vom 23. Juni 2023, Verfahrensstand
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