Aus der Rechtsprechung
Kein Aufteilungs-gebot bei Betriebs-vorrichtungen
Erst im Mai hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Überlassung von Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung zur steuerfreien Grundstücksvermietung wie die Vermietung selbst steuerfrei ist und eine Aufteilung nicht stattfindet. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits sein Folgeurteil veröffentlicht und seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben.
Sachverhalt
Der Kläger verpachtete Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall. Die Vorrichtungen dienten der Fütterung in der Putenhaltung, um die Tiere unter Einsatz einer Industrieförderspirale (vom Silo bis zur speziell entworfenen Futterschale) in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen dienten der Sicherung des jeweils erforderlichen Stallklimas. Spezielle Beleuchtungssysteme sorgten für eine gleichmäßige Ausleuchtung zur Vermeidung schädlicher Schattenplätze. Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt steuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Das Finanzamt war der Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstandenen Kosten zu 20 Prozent auf die Vorrichtungen und Maschinen entfalle und insoweit steuerpflichtig sei.
Entscheidung
Wie der BFH ausführte, hält er nach dem aufgrund seiner eigenen Vorlage ergangenen EuGH-Urteil in der Rechtssache C-516/21 (vgl. Ausgabe 3 des Newsflashs Umsatzsteuer aktuell vom Juni 2023) an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Die nun aufgegebene Rechtsprechung sah vor, dass sich in Bezug auf Betriebsvorrichtungen aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergab, wonach die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht von der Umsatzsteuer befreit war, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks waren. Wie der BFH nun mitteilt, ändert er seine Rechtsprechung: § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG sei entsprechend Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen. Im Fall einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung, die sich aus einer Hauptleistung (hier der steuerfreien Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks) und einer damit untrennbar verbundenen Nebenleistung (hier der Überlassung von Betriebsvorrichtungen) zusammensetzt, sei die Nebenleistung steuerlich ebenso zu behandeln wie die Hauptleistung. Damit entspreche die Beurteilung bei Betriebsvorrichtungen der bei der Überlassung von Inventar.
Hinweis
Mit der Beurteilung der Überlassung von Inventar bezieht sich der BFH auf sein Urteil in der Rechtssache V R 37/14. Der Sachverhalt dieses Urteils handelte von der Vermietung einer Seniorenwohnanlage, die neben der Anlage selbst das gesamte Grundstück und die Einrichtung der Wohnanlage umfasste. Der BFH kam hier zum Schluss, es habe sich bei der Überlassung des Inventars um eine (ihrerseits steuerfreie) Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung des Seniorenwohnparks gehandelt. Er teilte hierbei auch mit, dass es sich beim mitverpachteten Inventar ganz überwiegend um speziell abgestimmte, zum Betrieb eines Seniorenheims zwingend erforderliche Ausstattungselemente gehandelt habe. Die Würdigung des erstinstanzlichen Finanzgerichts, dass unter den konkreten Umständen des Einzelfalls die Überlassung des Mobiliars nur dazu gedient habe, die vertragsmäßige Nutzung des als Seniorenpflegeheim vermieteten Gebäudes unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, sei nicht zu beanstanden. Im Einzelfall sollte besonders sorgfältig geprüft werden, ob die mitvermieteten oder mitverpachteten Betriebsvorrichtungen tatsächlich als Nebenleistungen zur Hauptleistung gelten dürfen: Es ist nicht auszuschließen, dass sich Debatten mit den Finanzbehörden künftig statt um die Frage einer Aufteilung darum drehen, ob tatsächlich eine Nebenleistung vorliegt.
In seinem jetzt veröffentlichten Urteil wies der BFH außerdem darauf hin, dass die nationale Vorschrift des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nur die Anwendung der Steuerbefreiung auf die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen, von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen usw. ausschließt. Sie sehe aber keine weitere Ausnahme der Steuerbefreiung vor, welche eine gesetzliche Regelung erfordere, die in eindeutiger Weise ein Aufteilungsgebot begründet. Aus diesem Grund sei zum Beispiel die genannte Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen wie die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke steuerfrei, wenn sie im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs mit dieser eng verbunden ist. Das könnte sich dahingehend verstehen lassen, dass sich die Steuerpflicht der Vermietung von Betriebsgrundlagen auf andere Weise herbeiführen ließe – ob der Gesetzgeber dem Hinweis nachgeht, bleibt abzuwarten.
Was aus all dem für einen möglichen ermäßigten Steuersatz auf Nebenleistungen zu Beherbergungsleistungen folgt, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen (wie vor allem das Hotelfrühstück), dürfte sich angesichts mehrerer am BFH anhängiger Verfahren zu dieser Frage recht zeitnah erweisen. Jedoch scheint der BFH in Rz. 19 des vorliegenden Urteils just diese Nebenleistungen zur Beherbergungsleistung als Beispiel für eine gesetzliche Regelung anzuführen, die ein Aufteilungsgebot begründet. Das vorliegende Urteil stammt aber vom V. Senat, es fragt sich, wie der XI. Senat sich in dieser Frage positioniert – und ob er sich vielleicht entscheidet, abermals den EuGH anzurufen.
Fundstellen
BFH V R 7/23 (V R 22/20), Beschluss vom 17. August 2023; V R 37/14, Urteil vom 11. November 2015;
EuGH C-516/21 „Y“ (am EuGH geführt unter „Finanzamt X“), Urteil vom 4. Mail 2023;
am BFH anhängige Verfahren XI R 11/23 (XI R 34/20) (Frühstücksleistungen, Einräumung von Parkmöglichkeiten), XI R 12/23 (XI R 35/20) (Verpflegungsleistungen), XI R 13/23 (XI R 7/21) (Frühstücksleistungen) sowie XI R 14/23 (XI R 22/21) (Überlassung von Parkplätzen, WLAN und Fitnesseinrichtungen an Hotelgäste)
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