BFH-Urteil vom 15. Juli 2025 (VII R 36/22)

In Kürze

Mit dem am 13. November 2025 veröffentlichten Urteil VII R 36/22 vom 15. Juli 2025 hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine wichtige Entscheidung zu den zollwertrechtlichen Auswirkungen nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen nach oben getroffen. Das Urteil zeigt die asymmetrische Behandlung von Fällen nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen nach unten gegenüber Fällen nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen nach oben. Mit seinem Urteil hebt der BFH das Urteil 14 K 588/20 des Finanzgerichts München (FG München) auf und verweist den Fall zwecks weiterer Sachverhaltsfeststellungen an das FG zurück.

Das FG München habe nicht ausreichend geprüft, ob der von der Klägerin bzw. Revisionsbeklagten als Zollwert angemeldete Verrechnungspreis zum Zeitpunkt der Einfuhr durch die Verbundenheit mit dem verkaufenden Unternehmen beeinflusst war. Im Fall einer Preisbeeinflussung wäre die vorrangige Transaktionswertmethode (Art. 70 Abs. 1 UZK) nicht anwendbar und es wären die Folgemethoden bis hin zur Schlussmethode heranzuziehen (Art. 74 Abs. 2 UZK). Die Transaktionswertmethode ist bei verbundenen Parteien nur anwendbar, sofern zum Zeitpunkt der Einfuhr fremdübliche Verrechnungspreise angesetzt werden und damit der tatsächliche wirtschaftliche Wert der Ware abgebildet wird.

Im Gegensatz zu nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen nach unten, was Gegenstand der Rechtssache Hamamatsu vom 17. Mai 2022 war, deute nach Ansicht des BFH eine nachträgliche Verrechnungspreisanpassung in Form einer Nachbelastung darauf hin, dass die Verbundenheit der Unternehmen den ursprünglich deklarierten Preis beeinflusst haben könnte. Maßgeblich sei hierbei der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung über die Verrechnungspreisermittlung zwischen den Parteien.

Hintergrund

In unserem Newsletter „Zollrecht aktuell ­– Februar 2023“ informierten wir Sie bereits über das Urteil 14 K 588/20 des FG München. Nach Ansicht des FG München könne bei nachträglichen pauschalen Verrechnungspreisanpassungen nach oben nicht nacherhoben werden.

Das jüngst veröffentlichte Urteil des BFH VII R 36/22 sorgt nun für Klarheit. Das Urteil können Sie über diesen Link abrufen.

Zugrundeliegender Sachverhalt des Urteils 14 K 588/20 FG München

In dem vorliegenden Fall importierte die Klägerin im Zeitraum 2014-2017 Waren von verbundenen Unternehmen und meldete auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung ermittelte Verrechnungspreise als Zollwert an. Aufgrund von einer erheblichen Abweichung von der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarten Gewinnmarge wurden die als Grundlage für den Zollwert herangezogenen Verrechnungspreise nachträglich pauschal nach oben angepasst. Daraufhin setzte das beklagte bzw. revisionsklagende Hauptzollamt für den Zeitraum 2014-2017 Nacherhebungen mittels Korrekturfaktoren fest. Das FG München hielt diese Nacherhebung für rechtswidrig, da die Zollwertermittlung waren- und stichtagsbezogen erfolge. Zudem sei es nicht möglich, einen vereinbarten Transaktionswert als Zollwert zugrunde zu legen, welcher sich teilweise aus einem in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Verrechnungspreisanpassung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass eindeutig ist, ob am Ende des Abrechnungszeitraums die entsprechende Verrechnungspreisanpassung nach oben oder nach unten erfolgen wird. Zum Zeitpunkt der Einfuhr waren die Zu- oder Abschläge auf den Verrechnungspreis nicht quantifizierbar und können somit nicht in den Zollwert mit einbezogen werden. Da die Frage, ob auch nachträgliche Erhöhungen von unterjährig angemeldeten Verrechnungspreisen den Zollwert nach Art. 70 UZK unter Anwendung der Transaktionswertmethode erhöhen können, noch nicht höchstrichterlich entschieden war, hatte das FG München die Revision zugelassen.

Aktuelles BFH Urteil VII R 36/22

Der BFH hebt diese Entscheidung nunmehr in seinem Urteil vom 15. Juli 2025 auf und verweist das Verfahren an das FG München zurück, da dieses nicht hinreichend untersucht habe, ob die Unternehmensverbundenheit den angemeldeten Verrechnungspreis zum Zeitpunkt der Einfuhr beeinflusst hat.

Die Transaktionswertmethode sei bei verbundenen Unternehmen nur dann anwendbar, wenn die im Zeitpunkt der Einfuhr angesetzten Verrechnungspreise fremdüblich sind und den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Ware widerspiegeln. Andernfalls sind die nachrangigen Methoden gemäß Art. 74 Abs. 2 UZK zu prüfen. Eine nachträgliche Überprüfung der ursprünglich angemeldeten Zollwerte sei zulässig, wenn neue Erkenntnisse Zweifel an der Fremdüblichkeit der angemeldeten Preise begründen. Dabei wertet der BFH nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen nach oben als Indiz für eine Preisbeeinflussung durch Verbundenheit der Parteien. Dies sei der entscheidende Unterschied zu den vorherigen Hamamatsu-Entscheidungen. Im Fall von Verrechnungspreisanpassungen nach unten fehle es an Anhaltspunkten, dass der ursprünglich angemeldete Verrechnungspreis durch die Verbundenheit der Unternehmen beeinflusst war. In Abgrenzung zur Entscheidung im Fall Hamamatsu, deute im vorliegenden Streitfall die nachträgliche Verrechnungspreisanpassung nach oben jedoch darauf hin, dass der ursprünglich deklarierte Preis zu niedrig war und somit durch die Verbundenheit der Parteien beeinflusst sein könnte.

Nach Auffassung des BFH hätte das FG in tatsächlicher Hinsicht prüfen müssen, ob die Verbundenheit der Unternehmen die als Zollwert angemeldeten Verrechnungspreise vorliegend beeinflusst hat und folglich die Transaktionswertmethode anwendbar war. Da diese wesentlichen Feststellungen fehlten, wurde der Rechtstreit zur erneuten Sachverhaltsaufklärung an das FG zurückverwiesen

Interpretation

Bei der Auswertung ist zu berücksichtigen, dass zwar der vorliegende Rechtsstreit aufgrund fehlender Sachverhaltsfeststellungen nicht endgültig entschieden wurde. Dennoch ist die rechtliche Leitlinie klar erkennbar: So sind pauschale Verrechnungspreisanpassungen, deren Richtung und Höhe im Annahmezeitpunkt der Zollanmeldung nicht feststanden, als problematisch zu betrachten. In Abgrenzung zu dem Fall Hamamatsu wertet der BFH eine nachträgliche Verrechnungspreisanpassung nach oben als Indiz für eine Preisbeeinflussung aufgrund der Verbundenheit der Unternehmen. Es ist kritisch zu hinterfragen, warum ausschließlich ein zu niedrig angesetzter Verrechnungspreis im Gegensatz zu einem zu hoch angesetzten Verrechnungspreis ein Indiz für eine Preisbeeinflussung sein soll. Schließlich stellt sich auch bei einem zu hoch angesetzten Verrechnungspreis die Frage, ob nicht verbundene Unternehmen ein solches Geschäft abgeschlossen hätten, da das kaufende Unternehmen in diesem Fall „zu viel“ bezahlt hat.

Ausschlaggebend sind stets die tatsächlichen Feststellungen zur Preisbeeinflussung aufgrund der Unternehmensverbundenheit. Nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen nach oben sollten weiterhin dem zuständigen Hauptzollamt angezeigt werden. Dies ist auch dann zu empfehlen, sofern zwar nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen stattgefunden haben, der ursprünglich angebende Verrechnungspreis bzw. Zollwert jedoch nachweislich fremdvergleichsüblich war. Gerne unterstützen wir Sie bei der entsprechenden Kommunikation mit den Hauptzollämtern.

Fazit

Für Unternehmen bedeutet das BFH-Urteil weiterhin höchste Sorgfalt bei der Verzahnung von Verrechnungspreisen und Zollwert. Das BFH-Urteil präzisiert die Anforderungen an die Zollwertbestimmung bei verbundenen Unternehmen. Für die Praxis bedeutet das, dass Verrechnungspreisvereinbarungen und Preisbildungslogik detailliert dokumentiert werden und im Einfuhrzeitpunkt belegbar sein müssen. Nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen nach oben deuten nach Ansicht des BFH darauf hin, dass die ursprünglich angesetzten Verrechnungspreise zu niedrig waren und bilden somit ein starkes Indiz für Preisbeeinflussung. Es bleibt jedoch möglich, nachzuweisen, dass die angemeldeten Verrechnungspreise fremdvergleichsüblich waren. Im Gegensatz zum FG München sieht der BFH hier die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Fremdüblichkeit der angemeldeten Preise beim Steuerpflichtigen.

Wir unterstützen Sie gerne bei der zollwertrechtlichen Bewertung und der Abstimmung mit den Hauptzollämtern.

Wollen Sie diesen Newsletter weiterempfehlen?

oder haben Sie diesen Newsletter weitergeleitet bekommen und wollen diesen als Bestandteil des Informationsservice von PwC erhalten?

Zur Anmeldung

© 2017 - 2025 PwC. All rights reserved. PwC refers to the PwC network and/or one or more of its member firms, each of which is a separate legal entity. Please see www.pwc.com/structure for further details.

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Follow us