Aus der Gesetzgebung
Änderungen bei Finanzdienstleistungen fix – weitere Änderungen u. a. bei der E-Rechnung noch unklar
Am Freitag, den 17. November 2023, hat der Bundestag das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Am Freitag, den 24. November 2023, hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen, weil seine Änderungsvorschläge allenfalls punktuell übernommen worden seien. Er sieht einen "grundlegenden Überarbeitungsbedarf". Dagegen hat er das Zukunftsfinanzierungsgesetz bestätigt.
Wachstumschancengesetz
In Hinblick auf umsatzsteuerliche Änderungen sieht der Gesetzentwurf des Bundestags bislang vor, dass der Steuersatz für die Lieferung von Gas und Wärme nicht wie vorgesehen zum 31. März 2024, sondern einen Monat eher zum 29. Februar 2024 heraufgesetzt wird. Davor war erwogen worden, die Anwendung des Regelsteuersatzes auf diese Güter auf den 31. Dezember 2023 vorzuziehen, weil der ermäßigte Steuersatz für Gas- und Wärmelieferungen die Belastung durch die gestiegenen Gas- und Wärmepreise verringern sollte. Da sich inzwischen die Lage auf dem Energiemarkt wieder beruhigt hatte, war zunächst eine Weiterführung über den Jahreswechsel hinaus nicht mehr für erforderlich gehalten worden. Mit der Verkürzung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (nur) auf den 29. Februar 2024 wird möglicherweise auf Kritik reagiert, dass bei Auslaufen der Maßnahme zum Jahreswechsel der Übergang auf die Anwendung des Regelsteuersatzes mitten in der Heizperiode erfolgen würde. In seiner Anrufung des Vermittlungsausschusses hat der Bundesrat den Überarbeitungsbedarf auch damit begründet, dass „die Vorlage durch eine Vielzahl von Umdrucken kurzfristig ergänzt“ worden sei. Damit könnte auch die Verkürzung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Gas und Wärme gemeint sein, die der Bundestag kurzfristig in den Gesetzentwurf eingefügt hat.
In Hinblick auf die E-Rechnung, die für bestimmte Umsätze verbindlich werden soll, war bislang vorgesehen, dass das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung der europäischen Norm für die elektronische Rechnungstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß EU-Richtlinie entsprechen müsse. Nun soll auch die Möglichkeit eingeräumt werden, dass Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger selbst ein strukturiertes elektronisches Format vereinbaren. Voraussetzung sei, dass das Format die richtige und vollständige Extraktion der nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Angaben aus der elektronischen Rechnung in ein Format ermögliche, das der oben genannten Norm entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Damit ist der Bundestag einer Forderung des Bundesrats in dessen Stellungnahme vom 20. Oktober 2023 nachgekommen: Dieser hatte gefordert, die Vorgaben zur elektronischen Rechnung so auszugestalten, dass zugleich bereits etablierte elektronische Rechnungsformate – eventuell mit Anpassungen – weiterhin genutzt werden könnten. Nun fragt sich, ob die Anpassung dem Bundesrat genügend weit entgegenkommt oder ob er im Vermittlungsausschuss weitergehendere Änderungen durchzusetzen versucht.
Die Übergangszeit für die neuen elektronischen Rechnungen wird dem neuen Entwurf zufolge verlängert: Eine Rechnung kann bis zum 31. Dezember 2026 (statt 31. Dezember 2025) für einen bis dahin ausgeführten Umsatz auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers in einem anderen elektronischen Format als den oben angegebenen strukturieren elektronischen Formaten übermittelt werden. Für rechnungsausstellende Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen hat, wird diese Frist um ein Jahr auf den 31. Dezember 2027 verlängert. Die Übergangsfrist für die Rechnungstellung über EDI (ebenfalls bis zum 31. Dezember 2027) ändert sich nicht. Hier ist der Bundestag dem Bundesrat nur teilweise entgegengekommen: der Bundesrat hatte eine Verschiebung um zwei Jahre gefordert.
Zukunftsfinanzierungsgesetz
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz wurde vom Bundesrat hingegen angenommen. Es sah in der Fassung des Regierungsentwurfs in Hinblick auf umsatzsteuerliche Änderungen bislang einige Änderungen bei den Steuerbefreiungen für Finanzdienstleistungen vor: Was die Gewährung und die Vermittlung von Krediten sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten betraf, sollte die Verwaltung der Kredite bzw. der Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber steuerfrei gestellt werden. In der vom Bundestag nun beschlossenen Fassung sind diese Befreiungen nicht mehr enthalten. Umsatzsteuerlich beschränkt sich das Zukunftsfinanzierungsgesetz nun darauf, in Hinblick auf die Verwaltung von Investmentvermögen den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung zu erweitern, indem im Ergebnis die Verwaltungsleistungen von alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Abs. 3 KAGB von der Umsatzsteuer befreit werden.
Hinweis
Über den Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes mit weiteren geplanten Änderungen haben wir Sie bereits in Ausgabe 7 unseres Umsatzsteuer-Newsletters informiert.
In seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2023 hatte der Bundesrat, soweit es die Umsatzsteuer anging, auch Änderungen an der Neufassung des §12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG gefordert (ermäßigter Steuersatz für Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen). Hinzu kam ein Änderungsvorschlag redaktioneller Natur in Hinblick darauf, dass Kleinunternehmer unter bestimmten Umständen von der Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuer-Jahreserklärungen befreit werden sollen. Die Bundesregierung hat in einer Gegenäußerung alle diese Ansinnen abgelehnt.
Wie bislang sollen Kleinbetragsrechnungen und als Rechnung geltende Fahrscheine auch weiterhin stets als „sonstige Rechnung“ übermittelt werden können. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zwar in einem Schreiben an die Verbände bereits darauf hingewiesen, dass die Entgegennahme einer elektronischen Rechnung für alle inländischen Unternehmer verpflichtend sein werde. Lediglich der Rechnungsaussteller könne darüber entscheiden, ob er von der Übergangsregelung Gebrauch mache. Wenn der Rechnungsaussteller sich für die Verwendung einer elektronischen Rechnung entscheiden sollte, müsse der Rechnungsempfänger diese daher auch entgegennehmen. Das würde bedeuten, dass alle Unternehmer (auch kleinere Unternehmer) bereits zum 1. Januar 2025 auch dann die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen haben, wenn sie während des Übergangszeitraums selbst keine elektronischen Rechnungen im genannten Sinne versenden. Allerdings hat der Bundesrat gefordert, dass auch der Empfang elektronischer Rechnungen erst ab 2027 verpflichtend sein solle – die Bundesregierung hatte das „zur Kenntnis genommen“, ohne die Forderung umzusetzen. Ob er im Vermittlungsausschuss auch eine Regelung für die Empfangsseite durchsetzen kann, muss sich zeigen.
Fundstellen
Wachstumschancengesetz und Zukunftsfinanzierungsgesetz jeweils in der Fassung des Gesetzesbeschlusses des Bundestags (BR-Drs. 588/23 und 587/23 jeweils vom 17. November 2023);
Anrufung des Vermittlungsausschusses im Fall des Wachstumschancengesetzes; Zustimmung des Bundesrats zum Zukunftsfinanzierungsgesetz;
Stellungnahme des Bundesrats vom 20. Oktober 2023 (BR-Drs. 433/23); Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung vom 26. Oktober 2023 (BT-Drs. 20/9006);
Übersichtsseite zum Wachstumschancengesetz sowie zum Zukunftsfinanzierungsgesetz im Webauftritt des Bundestags;
Verbändeschreiben des BMF zur Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung, o. D. (Oktober 2023), Az. III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007
© 2017 - 2023 PwC. All rights reserved. PwC refers to the PwC network and/or one or more of its member firms, each of which is a separate legal entity. Please see www.pwc.com/structure for further details.