Arbeitsrecht

EN

Hinweisgeberschutz und Betriebsverfassung - Die Vergabe der Meldestelle an einen externen Dritten unterliegt der Mitbestimmung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schles­wig-Holstein hat mit Beschluss vom 8. Juli 2025 festgestellt, dass die Auslagerung einer internen Meldestelle nach dem Hinweisgeber­schutz­ge­setz (HinSchG) an eine externe Rechtsanwaltskanzlei mitbe­stimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – Ordnung des Betriebes – sei. Denn das Unternehmen könne sich seiner Pflicht nicht durch externe Vergabe ent­ziehen. Es handle sich nicht um unver­bind­liches Angebot zur Meldung an seine Arbeitnehmenden, wie der Arbeitgebende vor Gericht aus­führ­te.

Das LAG führte aus, dass das "Ob" der Einrichtung zwar der Mitbestimmung entzogen sei, da es nach § 12 HinwSchG vorgegeben sei. Das "Wie" sei hingegen der Gestaltung offen, denn es beeinflusse das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmenden sowie die Ordnung des Betriebes und sei damit mitbestimmungspflichtig. Zum "Wie" der Meldestelle zählten z.B. auch die Wahl des Meldeweges – extern oder intern –, Fragen der Anonymität, Reaktionszeit sowie vertrag­liche Ausgestaltung des externen Betriebes. Der Arbeitgebende müsse durch geeignete vertrag­liche Regelungen sicherstellen, dass bei der externen Vergabe an Dritte, die Beteiligungsrechte des Be­triebsrates gewahrt blieben. Da die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren den Betriebs­rat nicht beteiligt habe, gab das LAG dem Unterlassungsantrag des Betriebsrates statt.

Mehr lesen
Sprechen Sie uns an

Von Dr. Nicole Elert

Missbrauch der Machtstellung als Geschäftsführer gegenüber einer Mitarbeiterin

In den Medien konnte über den Sommer hinweg über die Abberufung von Ge­schäfts­führern wegen einvernehmlicher Liebesbeziehungen zu Mitarbeiterinnen gelesen werden. Ein Thema, welches dem deutschen Arbeitsrecht nicht fremd ist. Bereits in seiner sogenannten WalMart-Entscheidung hat das Bundesarbeits­ge­richt 2003 festgestellt, dass ein generelles Verbot von Liebesbeziehungen am Ar­beits­­platz unzulässig sei, da Art. 2 Grundgesetz die Privatsphäre der Mitar­bei­ten­den schüt­ze. Auch Regelungen, die das Melden von Beziehungen an den Arbeitgeber vor­schrei­ben würden, sind daher in der Regel unwirksam. Das gilt auch im Falle der Einvernehmlichkeit im Verhältnis zu ei­ner/m Vorgesetzten sofern nicht Arbeits­leistung oder Betriebsklima in Mitleiden­schaft gezogen werden. Hier kann es be­son­ders zu Interessen­konflik­ten kommen, da der Eindruck entstehen könnte dass der/die Untergebene bevor­zugt oder be­nach­teiligt werde, andere Mitarbeitende sich ungerecht behandelt fühlen könnten oder die Gefahr bestehe, dass das im Ar­beits­verhältnis bestehende Abhängigkeits­verhältnis einseitig miss­braucht werde.

Am 9. Juli 2025 erging nun durch das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln ein weiteres Urteil, welches unter dem Stichwort Machtmissbrauch viel Beachtung findet. Juristisch ging es um die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses auf Antrag der Klägerin gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG gegen Festsetzung einer Abfindung wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhält­nisses im Kontext von Beleidigung und sexueller Belästigung. Genauer laut Presseerklärung des LAG Köln wegen sexistischer, demütigender und willkürlicher Äußerungen des Geschäfts­führers per WhatsApp, der angesichts seines Unmutes über die Entwicklung des privaten Verhältnisses zur Klägerin dieser arbeitsrechtliche Sanktionen androhte, was schließlich in einer offensichtlich sozialwidrigen Kündigung mündete. Die seitens des LAG festgesetzte Abfindung fiel mit zwei Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr überdurchschnittlich hoch aus.

Mehr lesen
Sprechen Sie uns an

Von Dr. Nicole Elert

Müssen Arbeitgeber bereits in der Wartezeit ein Präventions­verfah­ren zugunsten schwerbehin­der­ter Beschäftigter durchführen?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) schafft in seiner aktuellen Ent­scheidung vom 3. April 2025 (Urteil – 2 AZR 178/24) dahinge­hend Rechtssicherheit und bestätigt, dass Ar­beitgeber nicht ver­pflichtet sind, vor einer ordentlichen Kündigung während der War­tezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) ein Präven­tions­verfahren im Sinne des § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen.

Worum ging es?

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer war als Leiter für die Haus- und Betriebstechnik bei der Arbeitgeberin zum 1. Januar 2023 angestellt wor­den. Es wurde eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Der Arbeitgeberin war die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt. Im März 2023 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeits­ver­hältnis aufgrund mangelnder fachlicher Eig­nung ordentlich während der kündigungs­schutz­recht­lichen Wartezeit zum 15. April 2023.

Gegen die Kündigung erhob der Arbeitnehmer rechtzeitig Kündigungsschutzklage und argu­men­tiert, die Kündigung sei unwirksam, da die Arbeitgeberin vor Ausspruch der Kündigung weder ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchgeführt noch ihm einen behin­derungsgerechten Arbeitsplatz angeboten habe. Zudem sei er wegen der bestehenden Schwer­be­hinderung durch die Kündigung diskriminiert.

Die Klage blieb bis hin zum BAG in allen Instanzen erfolglos.

Mehr lesen
Sprechen Sie uns an

Von Dr. Nicole Elert und Sabine Fabig

Wollen Sie diesen Newsletter weiterempfehlen?

oder haben Sie diesen Newsletter weitergeleitet bekommen und wollen diesen als Bestandteil des Informationsservice von PwC erhalten?

Zur Anmeldung

© 2017 - 2025 PwC. All rights reserved. PwC refers to the PwC network and/or one or more of its member firms, each of which is a separate legal entity. Please see www.pwc.com/structure for further details.

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Follow us