Aus der Rechtsprechung
Kostenloser erstmaliger Zugang zum E-Abo einer Zeitung

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann für den Fall, dass den Abonnenten einer Printzeitung gratis ein E-Paper gleichen Inhalts zur Verfügung gestellt wird, zwar das Entgelt aufzuteilen sein – zumindest im Streitfall aber war eine Aufteilung in einem Verhältnis von 100:0 sachgerecht, im Ergebnis also eine Nicht-Aufteilung.
Sachverhalt
Die Klägerin gab in den Streitjahren 2009 bis 2012 die Tageszeitung A heraus, ihre Organgesellschaft X-GmbH die Zeitung B. Zunächst erfolgte die Herausgabe nur im Papierformat (Printabo), später auch als inhaltsgleiches E-Paper im PDF-Format (ohne Hyperlinks und Ähnliches, jedoch mit Suchfunktion). Seit dem Jahr 2010 wurde neben dem Printabo auch ein Abonnement des E-Papers der A angeboten (E-Abo).
Printabonnenten der A erhielten von 2009 bis zum Februar 2012 die Möglichkeit, ohne weiteres Entgelt auf das E-Paper zuzugreifen. Dazu mussten sie sich lediglich registrieren lassen. Auch die Zeitung B räumte im Jahr 2010 für den Rest des Streitzeitraums ihren Printabonnenten diese Möglichkeit ein. Die weit überwiegende Mehrheit der Printabonnenten nahm diese Möglichkeit nicht in Anspruch. Im Fall der A mussten sie ab März 2012 (für den verbleibenden Streitzeitraum) eine Zuzahlung von 0,99 Euro pro Monat leisten, wollten sie auch weiterhin auf das E-Paper zugreifen. Bei der B wurde eine Zuzahlung erst nach den Streitjahren verlangt.
Streitig waren nur die Leistungen an die Abonnenten, die keine Zuzahlungen leisteten. Die Klägerin wendete auf ihre Leistungen an die Printabonnenten insgesamt den ermäßigten Steuersatz an, weil sie der Meinung war, das E-Paper sei keine selbstständige Leistung neben der entgeltlichen Lieferung der Printausgabe. Das Finanzamt war jedoch der Auffassung, es habe sich um eine selbstständige Leistung zum Regelsteuersatz (neben der Lieferung der Printausgabe) gehandelt. Es teilte die Bemessungsgrundlage für alle Abonnements auf, unabhängig davon, wie viele Abonnenten sich für das E-Abo registriert hatten, und schätzte die anteilige Bemessungsgrundlage für das E-Abo auf 1,99 Euro pro Monat.
Entscheidung
er BFH war der Auffassung, dass für das E-Abo in den Streitjahren aufgrund der damaligen Situation noch kein Entgelt anzusetzen war. Zwar habe es sich bei der Lieferung der Printzeitungen und der Möglichkeit zum Abruf des E-Papers um zwei selbstständige Hauptleistungen gehandelt. Das Entgelt sei aufzuteilen, allerdings entfielen auf das E-Abo 0 Euro.
Der BFH lehnte es ab, das E-Paper als Nebenleistung anzusehen: Ein Leser des E-Papers werde im Regelfall nicht auch noch die Zeitung auf Papier lesen und das E-Paper diene nicht dazu, das Papierexemplar der Zeitung unter optimalen Bedingungen zu lesen. Hierbei konnte der BFH darauf verweisen, dass beide Abovarianten nicht nur in Kombination, sondern auch allein erhältlich waren. Die Leistung an die Printabonnenten habe in der bloßen Möglichkeit bestanden, auch das E-Paper zu lesen (Leistungsbereitschaft). In den Streitjahren sei es jedoch noch nicht gerechtfertigt gewesen, der Einräumung der Möglichkeit zur Nutzung der E-Paper einen Entgeltanteil zuzuweisen. Die Leistung der Klägerin an ihre Printabonnenten unterliege daher mit dem vollen Abonnementpreis als Entgelt dem ermäßigten Steuersatz.
Bereits die Aufteilung durch das Finanzamt sei nicht sachgerecht gewesen: Zwar müsse man zur Aufteilung des Entgelts nicht unbedingt eine Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen (Marktwertmethode) wählen, aber das setze voraus, dass die stattdessen gewählte Aufteilungsmethode mindestens ebenso sachgerecht sei. Hier aber habe der Ansatz von 1,99 Euro für das E-Abo die wirtschaftliche und geschäftliche Realität missachtet. Denn das hätte bedeutet, dass späterhin das Gesamtpaket (Print- und E-Abo) zwar um 0,99 Euro teurer geworden wäre, der Preis für das E-Abo als solches sich aber auf eben diese 0,99 Euro verbilligt hätte. Daher scheide jedenfalls ein höheres Entgelt als der aus 0,99 Euro herausgerechnete Entgeltanteil aus. Der BFH tat jedoch ein Weiteres und schloss sich – nur für die damalige Zeit – dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof an, der sich in einem ähnlichen Fall dagegen entschieden hatte, dem E-Abo überhaupt einen Entgeltanteil zuzuweisen: Es habe sich um eine ohne Aufpreis eingeräumte Nutzungsmöglichkeit ohne nennenswerten Aufwand gehandelt. Gewöhnlich sei zwar ein „Gratiszugriff“ keineswegs gratis, sodass eine Aufteilung mit einem anteiligen Entgelt von null Euro im Regelfall nicht sachgerecht sei. Hier aber hätten nur etwa zwischen 10 und 15 Prozent der Abonnenten überhaupt das E-Abo in Anspruch genommen – und als es nicht mehr kostenlos war, hätten 95 Prozent der registrierten Printabonnenten ihr paralleles E-Abo beendet. Die Printabonnenten hätten somit vorher, währenddessen und anschließend denselben Betrag gezahlt und die Klägerin denselben Betrag erhalten.
Hinweis
Das Problem im Sachverhalt stellt sich für gegenwärtige Sachverhalte – jedenfalls soweit es den anwendbaren Steuersatz betrifft – allein schon deshalb nicht mehr, weil bereits seit dem 18. Dezember 2019 die Überlassung unter anderem der in Nummer 49 Buchstabe b der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse (Zeitungen etc.) in elektronischer Form im Allgemeinen ebenfalls ermäßigt besteuert ist (§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG).
Fundstellen
BFH XI R 29/23, Urteil vom 9. Juli 2025; Verwaltungsgerichtshof (Österreich) Ra 2017/15/0091, Erkenntnis vom 22. November 2018 (Zusammenfassung, Volltext)

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