Aus der Finanzverwaltung
Finales zweites BMF-Schreiben zur elektronischen Rechnung

Am 15. Oktober 2024 erschien ein Schreiben zu einer Reihe umsatzsteuerlicher Fragestellungen rund um die E-Rechnung (Schreiben von 2024). Nachdem die Wirtschaft seit Jahresbeginn 2025 erste Praxiserfahrungen sammeln konnte, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) genau ein Jahr später ein zweites Schreiben herausgebracht, das auf einige Zweifelsfragen eingeht, das Schreiben von 2024 in Teilen ändert und es weitgehend in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) überführt.
Allgemeines
Das neue Schreiben befasst sich mit der E-Rechnungspflicht für Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern, die als passive Pflicht (Empfang von Rechnungen) seit 2025 gilt, als aktive Pflicht aber erst 2027 bzw. 2028 (§ 27 Abs. 38 UStG) eingeführt werden soll. Das neue Schreiben soll im Wesentlichen das Schreiben von 2024 in den UStAE überführen, jedoch ohne dieses Schreiben aufzuheben, das es vielmehr in einigen Punkten ändert und ergänzt. Das neue Schreiben soll grundsätzlich für alle Umsätze gelten, die nach dem 31. Dezember 2024 ausgeführt werden.
Änderungen des Schreibens von 2024
Das Schreiben äußert sich ausführlich zu Fehlern in der E-Rechnung. Hierbei unterscheidet es zunächst zwischen Formatfehlern sowie Fehlern bei formatspezifischen Geschäftsregeln. Formatfehler liegen vor, wenn die Rechnungsdatei nicht den zulässigen Syntaxen bzw. deren technischen Vorgaben entspricht oder (in Fällen, in denen sich Rechnungsaussteller und -empfänger auf ein abweichendes Format geeinigt haben) keine richtige und vollständige Extraktion zulässt. Geschäftsregeln sind technische Vorschriften zur Überprüfung der logischen Abhängigkeiten der in einer E-Rechnung enthaltenen Informationen; sie können vorliegen, wenn die Informationen unvollständig oder widersprüchlich sind und im Rahmen einer Validierung zum Beispiel als "critical error" festgestellt werden.
Beide Fehlerkategorien können nach Angaben des BMF mit einer geeigneten Validierungsanwendung überprüft werden. Während aber Formatfehler dazu führen können, dass die Rechnung die Anforderungen an das strukturierte elektronische Format einer E-Rechnung nicht erfüllt und sie darum (lediglich) als „sonstige Rechnung“ gilt, führen Fehler in den Geschäftsregeln (soweit sie sich auf die Pflichtangaben beziehen) dazu, dass zwar eine E-Rechnung vorliegt, die jedoch nicht ordnungsmäßig ist.
Das bedeutet, dass bei Formatfehlern – unabhängig von Fehlern bei den Pflichtangaben – die zunächst ausgestellte sonstige Rechnung grundsätzlich durch Ausstellen einer E-Rechnung zu berichtigen ist (Rz. 56 f. des Schreibens von 2024), während sich die Korrekturen bei Geschäftsregelfehlern bei Pflichtangaben unter Beachtung der vorgeschriebenen Form in den meisten Fällen auf die betroffenen Pflichtangaben beschränken können (Rz. 49 des Schreibens von 2024).
Format- und Geschäftsregelfehler sind aber keineswegs die einzig möglichen Fehler, die bei der Erstellung einer E-Rechnung vorfallen können: Inhaltliche Fehler wie etwa unzureichende oder falsche Leistungsbeschreibungen lassen sich durch Validierung in der Regel nicht auffinden. Das BMF stellt daher auch klar, dass die formelle Rechnungsprüfung über eine Validierungsanwendung nicht die inhaltliche Prüfung der Rechnung ersetzt, sondern nur bei der Prüfung unterstützen kann. Offenbar soll sich ein Unternehmer aber darauf verlassen können, dass die E-Rechnung frei von Format- und Geschäftsregelfehlern ist, sofern er sie bei Beachtung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns erfolgreich mit einer geeigneten Validierungsanwendung überprüft hat. Zum Nachweis biete es sich an, den Validierungsbericht aufzubewahren.
Voraussetzung für eine E-Rechnung ist unter anderem, dass sie eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Ein bloßer Verweis in den strukturierten Daten auf eine Anlage, in der die Rechnungspflichtangaben in unstrukturierter Form enthalten sind, soll daher nicht genügen – denn dann sei keine elektronische Verarbeitung möglich. „Ergänzende Angaben“ sollen zwar in einen in der E-Rechnung enthaltenen Anhang (nicht per Link auf ein externes Ziel) aufgenommen werden können. Da alle umsatzsteuerlichen Pflichtangaben im strukturierten Teil der Rechnung enthalten sein müssen, dürften sich die „ergänzenden Angaben“ aber nur auf Informationen beziehen können, die für die umsatzsteuerlichen Pflichtangaben nicht unbedingt nötig sind. Damit wären künftig nicht nur Verweise auf Verträge in Hinblick auf die Leistungsbeschreibung ausgeschlossen, sondern alle Verweise auf nicht in strukturierter Form enthaltene Informationen, ob sie an die Rechnung angehängt sind oder nicht (z. B. auf einen Lieferschein wegen des Leistungsdatums). Es ist unklar, ob und wie die Regelungen zur E-Rechnung sich mit der Regelung des § 31 Abs. 1 UStDV in Übereinstimmung bringen lassen, wonach die Rechnung aus mehreren Dokumenten bestehen kann, aus denen sich die erforderlichen Angaben insgesamt ergeben – dazu teilt das Schreiben lediglich mit, dass sich aus § 31 Abs. 1 UStDV in Hinblick auf in strukturierter Form darzustellender Pflichtangaben nichts anderes ergebe.
Diese Anforderung ist weitreichend – so soll auch (wie das BMF im UStAE zusätzlich anmerkt) ein Vermerk „Leistungsdatum entspricht Rechnungsdatum“ nur bei sonstigen Rechnungen möglich sein, nicht aber bei einer E-Rechnung.
Zwar müssen Kleinbetragsrechnungen, Fahrausweise als Rechnungen und Kleinunternehmerrechnungen (nicht: Rechnungen an Kleinunternehmer!) nicht als E-Rechnungen ausgestellt werden. Wohl aber dürfen sie unter den weiteren Voraussetzungen (insbesondere also in B2B-Fällen) als solche ausgestellt werden, ohne dass es der Zustimmung des Rechnungsempfängers bedarf. Für sonstige Rechnungen in einem anderen elektronischen Format bedarf es jedoch weiterhin einer (gegebenenfalls konkludenten) Zustimmung des Empfängers, weil der Rechnungsempfänger kein ihm gänzlich unbekanntes elektronisches Format akzeptieren müsse.
Außerdem ist eine Klarstellung vorgesehen, dass die bloße Minderung der Bemessungsgrundlage grundsätzlich keine Rechnungsberichtigung erforderlich macht, wohl aber Änderungen im Leistungsumfang oder -gehalt. Interessanterweise soll dies im letzteren Fall auch durch eine Gutschrift erfolgen können, wenn diese Gutschrift spezifisch und eindeutig auf die Rechnung Bezug nimmt.
Das BMF stellt klar, dass eine Pflicht zur E-Rechnungstellung unter den weiteren Voraussetzungen auch dann vorliegt, wenn die Leistung zwar steuerfrei wäre (bei nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerbefreiten Leistungen besteht bereits keine Rechnungstellungspflicht), aber nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichtet wurde.
Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Das neue Schreiben überführt im Wesentlichen das Schreiben von 2024 in den UStAE, einschließlich der nunmehr eingefügten Änderungen, ohne jedoch dieses Schreiben aufzuheben, das in seiner geänderten Fassung weiterhin Gültigkeit hat. Soweit das BMF in diesem Rahmen Aussagen trifft, die nicht bereits im bisherigen UStAE oder im Schreiben von 2024 enthalten sind, sind sie zumeist klarstellender Natur. Soweit sie nicht schon oben angesprochen wurden, hier eine Auswahl:
- Ein Vertrag als Rechnung könne eine E-Rechnung darstellen, wenn er die Anforderungen an deren Format erfüllt – ansonsten handle es sich um eine sonstige Rechnung. Vermutlich ist nicht gemeint, dass der Vertrag vollumfänglich in das semantische Datenmodell der EN 16931 überführt werden soll. Offenbar ist bei bestehender E-Rechnungspflicht gegebenenfalls zusätzlich eine E-Rechnung mit den Pflichtangaben auszustellen, die den Vertrag (in seiner Eigenschaft als lediglich „sonstige Rechnung“) berichtigt. In dieser könne – wie bereits im Schreiben von 2024 ausgeführt - der zugrundeliegende Vertrag als „ergänzende Angabe“ in einem in der E-Rechnung enthaltenen Anhang aufgenommen werden. Offenbar im Fall, dass ein Vertrag als Rechnung für ein Dauerschuldverhältnis fungiert, soll es ausreichen, wenn einmalig für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, in der der zugrundeliegende Vertrag als Anhang enthalten ist oder sich aus dem sonstigen Inhalt der E-Rechnung klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt. Wie bislang soll die Verwendung einer in dem zugrundeliegenden Vertrag enthaltene einmalige Nummer (z. B. Wohnungs- oder Objektnummer, Mieternummer) ausreichend sein, auch Zahlungsbelege müssen keine gesonderte fortlaufende Nummer erhalten.
- Bei Anzahlungsrechnungen und Gutschriften soll zur Kennzeichnung, dass es sich um Rechnungen dieses jeweiligen Typs handelt, die Auswahl des entsprechenden Rechnungstyps genügen. Auf weitere wörtliche Pflichtangaben wie beispielsweise „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ging das BMF noch nicht ein.
- Es wird klargestellt, dass eine Vereinbarung von Boni, Skonti und Rabatten im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG zum Beispiel durch Benennung des entsprechenden Vertrages leicht und eindeutig nachprüfbar gestaltet werden; die Vereinbarung sei als Teil der Aufzeichnungspflichten geordnet aufzubewahren.
Hinweis
Die Einführung der E-Rechnung ist für deutsche Wirtschaftsteilnehmer von höchster Bedeutung: Selbst obgleich die aktive Rechnungstellungspflicht noch über ein Jahr (in gewissen Fällen noch länger) auf sich warten lassen wird, sollten in Deutschland ansässige Unternehmer die Zeit intensiv zur Vorbereitung nutzen. Die komplexen Regelungen und Zweifelsfragen lassen sich hier nicht annähernd erschöpfend darstellen – es wird empfohlen, sich in dieser Frage steuerlich beraten zu lassen.
Fundstellen
BMF-Schreiben vom 15. Oktober 2025; BMF-Schreiben vom 15. Oktober 2024 (erstes Schreiben)

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