Aus der Rechtsprechung

Seeschifffahrt: Vermietung kein befreiter Vorstufenumsatz

Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt klar: Eine Vorstufenbefreiung kommt bei Umsätzen für die Seeschifffahrt nur dann in Betracht, wenn die Bestimmung dieser Umsätze für begünstigte Zwecke in einer Weise als sicher gelten kann, dass sich die Einführung von Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen erübrigt.

Sachverhalt

Eine GmbH vermietete Spezialgeräte (Trimmraupen) an das Hafenumschlagsunternehmen X. Überwiegend setzte X diese Fahrzeuge zum Löschen von Seeschiffen nach § 8 Abs. 1 UStG steuerbegünstigter Unternehmer ein, vereinzelt auch für Arbeiten in Lagerhallen oder beim Entladen von Lkw. Die GmbH rechnete für die Vermietung in Zusammenhang mit den Löscharbeiten gegenüber der X jeweils ohne Umsatzsteuer unter Hinweis auf eine Steuerbefreiung als Umsätze für die Seeschifffahrt ab. Das Finanzamt sah dies jedoch anders und stellte die Umsätze steuerpflichtig.

Entscheidung

Wie der BFH mitteilte, sind Leistungen gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG, die für den unmittelbaren Bedarf der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG bezeichneten Wasserfahrzeuge bestimmt sind, grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn der Unternehmer seine Leistungen an den Schiffsbetreiber erbringt. Für Vorstufenumsätze – also Leistungen, die in der Lieferkette vor der eigentlichen Leistung an den Betreiber erbracht werden – gilt die Steuerbefreiung nur dann, wenn die Bestimmung der Leistung für den begünstigten Zweck als sicher gelten könne, ohne dass zusätzliche Kontroll- oder Überwachungsmaßnahmen eingeführt werden müssen.

Der BFH bringt anhand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einige Beispiele für eine solche gesicherte Bestimmung – so etwa den Fall von unveränderten, also identischen Leistungen in einer durchgehenden Leistungskette. Dasselbe gelte, wenn – unter den weiteren Voraussetzungen – bei der Lieferung eines Luftfahrzeugs an einen Luftfahrtunternehmer bereits aufgrund der für solche Luftfahrzeuge geltenden Registrierungs- und Zulassungsverfahren die endgültige Verwendung sichergestellt sei.

Im vorliegenden Fall verneinte der BFH jedoch die Steuerbefreiung für die Vermietung der Trimmraupen. Bereits die von der GmbH und die von der X erbrachten Leistungen seien nicht identisch. Die Verwendung der Geräte für den unmittelbaren Bedarf von Wasserfahrzeugen war nicht zweifelsfrei feststellbar, da sie auch für andere Zwecke eingesetzt werden konnten. Die Einführung von Kontroll- und Überwachungsmechanismen wäre notwendig gewesen, um die Zweckbindung sicherzustellen – allerdings stehe schon ein abstraktes Erfordernis dieser Art der Anwendung der Steuerbefreiung auf Vorstufen entgegen, woran auch eine Vertragsbestimmung nichts ändere, dass die Maschine nur zu begünstigten Zwecken eingesetzt werden dürfe. Weder genüge es für die Steuerfreiheit eines Vorstufenumsatzes, dass dieser eine notwendige Voraussetzung für die Ausführung des nachfolgenden steuerfreien Umsatzes ist, noch dass die Kosten des Vorstufenumsatzes auf den Verfügungsberechtigten der Ladung abgewälzt werden können.

Im Streitfall seien auch keine sich aus anderen Regelungszusammenhängen ergebenden Nachweise für die tatsächliche Verwendung der Trimmraupen (vergleichbar einem Registrierungs- und Zulassungsverfahren für Luftfahrzeuge) erkennbar, die eine Kontrolle der Einhaltung der vereinbarten Bestimmung hätten entbehrlich machen können.

Hinweis

Die Finanzverwaltung macht bei der Vorstufenbefreiung keinen Unterschied zwischen Seeschifffahrt und Luftfahrt, insofern lassen sich die Ausführungen des BFH in entsprechender Weise auf Umsätze für die Luftfahrt übertragen.

Das Urteil bekräftigt im Wesentlichen die bisherige Haltung der Finanzverwaltung: Für eine Steuerbefreiung von Vorstufenumsätzen muss im Zeitpunkt der Leistungserbringung die endgültige Verwendung für den Bedarf eines begünstigten Seeschiffs oder Luftfahrzeugs feststehen. Die Nachvollziehbarkeit muss bereits durch die steuerlichen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten gewährleistet sein – und nicht erst durch zusätzliche Kontroll- und Überwachungsmechanismen (vgl. Abschnitt 8.1 Abs. 1 Satz 3 UStAE).

Der BFH unterstreicht, dass solche Kontroll- und Überwachungsmechanismen der Sache nach überflüssig sein müssen. Zumeist wird es dazu eines Reihen- oder Kommissionsgeschäfts bedürfen – umso mehr, als der BFH in seinem Urteil mitteilt, die Vorstufenbefreiung sei bei mehreren Leistungen gegeben, die unverändert und damit identisch in einer Leistungskette erbracht werden. Allerdings sind Reihen- oder Kommissionsgeschäfte nicht die einzigen denkbaren Fälle, in denen sich argumentieren ließe, dass die sichere Bestimmung der Leistung für einen begünstigten Zweck nicht infrage steht. Dazu, ob etwa die Leistung eines Monteurs, der im Auftrag eines Motorlieferanten den Motor direkt im begünstigten Schiff installiert, anders zu beurteilen sein könnte, hat sich der BFH bisher nicht ausdrücklich geäußert. Im Zweifel kann eine verbindliche Auskunft anzuraten sein.

Der BFH ließ offen, ob die Steuerbefreiung auch daran scheitern könnte, dass nur die Vermietung von Gegenständen, die zur Ausrüstung von Wasserfahrzeugen bestimmt sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG), von der Steuerbefreiung erfasst sei – was möglicherweise der steuerbegünstigten Vermietung anderer Gegenstände (wie etwa Trimmraupen) entgegensteht. Die Finanzverwaltung sieht darin bislang kein Problem: In Abschnitt 8.1 Abs. 7 Nr. 12 UStG hält sie unter anderem die Vermietung (Leasing) von Seetransport-Containern für begünstigt, wenn sie für den unmittelbaren Bedarf der Schiffsladung bestimmt sind.

Fundstelle

BFH V R 12/23, Urteil vom 19. Dezember 2024

Wollen Sie diesen Newsletter weiterempfehlen?

oder haben Sie diesen Newsletter weitergeleitet bekommen und wollen diesen als Bestandteil des Informationsservice von PwC erhalten?

Zur Anmeldung

© 2017 - 2025 PwC. All rights reserved. PwC refers to the PwC network and/or one or more of its member firms, each of which is a separate legal entity. Please see www.pwc.com/structure for further details.

Impressum

Datenschutzerklärung

Cookie-Einstellungen

Follow us