Aus der Rechtsprechung

Zur Verwaltung unselbstständiger Stiftungen

Unselbstständige Stiftungen haben anders als rechtsfähige Stiftungen im Sinne der §§ 80 ff. BGB keine eigene Rechtspersönlichkeit. In ihrem Fall wird das Vermögen auf eine andere Person übertragen, die es – wirtschaftlich zwar vom eigenen Vermögen getrennt, jedoch als sein Eigentümer – verwalten und für den vom Stifter bestimmten Zweck verwenden soll. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit der Frage befasst, wer unter welchen Voraussetzungen als Empfänger der von dieser anderen Person erbrachten Leistungen infrage kommt.

Sachverhalt

Der Kläger war ein eingetragener Verein, der als Treuhänder Vermögen zur Förderung gemeinnütziger Zwecke verwaltete, das von seinem übrigen Vermögen getrennt war. Mit den Stiftern der Stiftungsvermögen schloss der Kläger als „Treuhandverträge“ (oder „Schenkungen unter Auflage“) bezeichnete Verträge ab, die durch "Satzungen" ergänzt wurden.

Der BFH zog für seine Entscheidung vor allem die rechtlichen Verhältnisse im Fall einer einzelnen vom Kläger verwalteten Stiftung (der W-Stiftung) heran. Mit dem Stifter der W-Stiftung schloss der Kläger neben der Satzung einen „Treuhandvertrag zur Begründung einer rechtlich nicht selbstständigen Stiftung im Wege der Schenkung unter Auflage“ ab. Nach diesen Vereinbarungen erhielt der Kläger als Treuhänder Vermögen, das er gesondert von seinem übrigen Vermögen nach Maßgabe der vom Stifter vorgegebenen gemeinnützigen Zwecke verwalten sollte. Der Treuhandvertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen, konnte aber von Seiten des Klägers und des Stiftungsvorstands zum Jahresende gekündigt werden. In diesem Fall war das Vermögen auf einen vom Stiftungsvorstand bestimmten neuen Treuhänder zu übertragen. Der Kläger erhielt (insbesondere) für von ihm erbrachte Verwaltungs- und Beratungsleistungen einen Stiftungsbeitrag, den er offenbar dem Stiftungsvermögen entnahm.

Daneben verwaltete der Kläger weitere Stiftungen, teilweise mit abweichenden vertraglichen Regelungen, insbesondere zur Vertragsbeendigung.

Das Finanzamt fand, dass die unselbstständigen Stiftungen in umsatzsteuerlicher Hinsicht als Empfänger von Leistungen des Klägers anzusehen seien können. Der Kläger sah dagegen keinen Leistungsaustausch, auch nicht mit dem Stifter.

Entscheidung

Nach Meinung des BFH lagen Leistungen des Klägers an die Stifter vor. Für einen verbrauchsfähigen Vorteil beim Leistungsempfänger komme es nicht darauf an, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder die Vermögensinteressen Dritter (wie etwa gemeinnützige Interessen) verfolge. Eine steuerbare Verwaltungsleistung könne (wie hier) auch in Bezug auf ein Vermögen vorliegen, das zivilrechtlich im Eigentum des Verwalters stehe, wenn es als Sondervermögen besonderen Bindungen unterliege, vom sonstigen Vermögen des Verwalters getrennt zu halten sei und der Verwalter für seine Leistung ein Entgelt erhalte. Wirtschaftlich betrachtet habe hier fremdes Stiftungsvermögen vorgelegen.

Die Stiftungsvermögen selbst seien nicht Leistungsempfänger gewesen, weil sie Gegenstand, nicht Empfänger der Leistungen seien. Ihnen fehle als lediglich unselbstständige Vermögensmasse die Möglichkeit, Partei eines Rechtsverhältnisses zu sein, und es sei unmöglich, bei ihnen einen Verbrauch zu erfassen. Eine Leistung setze ein Rechtsverhältnis voraus, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Den Leistungen des Klägers habe hier ein Rechtsverhältnis zugrunde gelegen, das sich nicht auf eine (unentgeltliche, nicht der Umsatzsteuer unterliegende) Vermögensübertragung auf den Kläger beschränkte: Parallel zur Vermögensübertragung sei ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen worden, der auf eine vom Kläger zu erbringende Leistung ausgerichtet gewesen sei. Der Kläger sollte die Verwaltung des Stiftungsvermögens gegen Zahlung pauschaler Stiftungsbeiträge übernehmen, die er im Streitfall aus dem bei ihm gesondert verwalteten Stiftungsvermögen entnehmen durfte.

Die Vereinbarungen seien über eine bloße Präzisierung der Zweckauflage des Stifters hinausgegangen. Denn das übertragene Vermögen, das wirtschaftlich vom Vermögen des Klägers getrennt geblieben sei, habe durch die Satzung einer Zweckbindung unterlegen und der Stifter habe dem Kläger in Hinblick auf die Verwaltung Weisungen erteilen dürfen. Außerdem sei es möglich gewesen, den Treuhandvertrag ordentlich zu kündigen, wonach das treuhänderisch verwaltete Vermögen auf einen neuen Treuhänder zu übertragen gewesen wäre. Die Kündigungsmöglichkeit lasse auch darauf schließen, dass der Kläger eine Dienstleistung anbot, die im Prinzip auch ein anderer Dienstleister hätte erbringen können. Den Stiftern sei es darauf angekommen, sich die Kenntnisse des Klägers als Dienstleister zunutze zu machen und mit ihrem Geldeinsatz den größtmöglichen Erfolg in dem von ihnen bestimmten gemeinnützigen Bereich zu erzielen. Hierin habe ein verbrauchsfähiger Vorteil gelegen, wie sich auch im Umstand zeige, dass eine Vermögensverwaltung für unselbstständige Stiftungen am Markt ebenfalls von Banken und Sparkassen angeboten werde. Sofern dem Kläger das nicht zur Zufriedenheit des Stiftungsvorstands gelang, habe dem Stiftungsvorstand die Möglichkeit offen gestanden, den Dienstleister auszutauschen. Im Ergebnis lägen steuerbare und mangels Befreiungsvorschrift steuerpflichtig an einen Stifter erbrachte Leistungen vor.

Hinweis

Dass es hier auf den Einzelfall ankommt, macht der Umstand deutlich, dass sich der BFH außerstande sah, die Rechtslage in Bezug auf andere Stiftungen als die W-Stiftung abschließend zu klären. Dem erstinstanzlichen Finanzgericht gab er zur Prüfung auf, ob auch in Bezug auf die anderen Stiftungsvermögen steuerpflichtige, gegenüber dem jeweiligen Stifter erbrachte Leistungen vorlagen. Es sei festzustellen, ob ein eigenständiger Geschäftsbesorgungsvertrag als zugrunde liegendes Rechtsverhältnis in Betracht komme – offenbar in Abgrenzung zu einer Schenkung unter Auflage (die der BFH im Urteil an einer Stelle als nicht steuerbar bezeichnet). Als Voraussetzung eines solchen Geschäftsbesorgungsvertrags nennt der BFH die Übertragung von Vermögen auf den Treuhänder sowie die Vereinbarung eines Entgelts sowie eines ordentlichen Kündigungsrechts, das die Übertragung auf einen anderen Treuhänder erlaube. Wo der Kläger als Mitstifter aufgetreten sei oder Dachstiftungen errichtet habe, könnten gleichfalls entgeltliche Leistungen des Klägers an die Stifter vorliegen.

Das Modell unselbstständiger Stiftungen grenzte der BFH von Spenden ab: Ein Spender gebe keine Beratungs- und Verwaltungsleistungen in Auftrag. Ähnliches gelte bei öffentlichen Zuschüssen, bei denen der Zuschussgeber ebenfalls keine Verwaltungs- und Beratungsleistungen in Auftrag gibt, sondern sich nur Kontrollrechte vorbehalte.

Der Kläger fand es „abwegig“, dass die Steuerbarkeit der Verwaltungs- und Beratungsleistungen davon abhängen sollte, ob der Stifter noch lebe und Rechtsnachfolger habe. Diese Auffassung teilte der BFH nicht: Im Fall, dass der Stifter keinen Rechtsnachfolger habe, sei kein identifizierbarer Leistungsempfänger mehr vorhanden und ein Konsum, an den die Umsatzsteuer anknüpfe, liege in diesem Fall nicht vor – was dann zu einem Entfallen der Steuerbarkeit der Verwaltungs- und Beratungsleistung führe.

Fundstelle

BFH V R 13/22, Urteil vom 5. Dezember 2024

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