Aus der Finanzverwaltung
Kraftstoff-lieferungen im Tankkartengeschäft
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) überträgt die umsatzsteuerlichen Grundsätze der „Kraftstofflieferungen im Kfz-Leasingbereich“ nunmehr ausdrücklich auf Umsätze im Tankkartengeschäft.
Vorgeschichte
Im Urteil „Auto Lease Holland“ hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2003 über einen Sachverhalt entschieden, in dem ein Leasinggeber und ein Leasingnehmer neben dem Leasingvertrag für das Kraftfahrzeug auch eine „Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung“ getroffen hatten. Der Leasingnehmer war berechtigt, im Namen und für Rechnung des Leasinggebers Kraftstoff zu tanken und vereinzelt Ölprodukte zu kaufen, wozu er unter anderem eine Tankkarte erhielt, aus der der Leasinggeber als Kunde des kartenausgebenden Unternehmens hervorging. Sowohl der EuGH als auch (im Nachgang) der Bundesfinanzhof (BFH) lehnten eine Lieferung von Kraftstoff im Reihengeschäft (von der Mineralölgesellschaft an den Leasinggeber und von diesem an den Leasingnehmer) ab: Der Kraftstoff sei direkt von der Mineralölgesellschaft an den Leasingnehmer geliefert worden.
Im Jahr 2019 übertrug der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache „Vega“ die Erwägungen, die dem Urteil „Auto Lease Holland“ zugrunde lagen, auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Umsätzen im Tankkartengeschäft. Dem Sachverhalt zufolge war Geschäftsgegenstand einer Unternehmensgruppe mit Muttergesellschaft in Österreich und Tochterunternehmen in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten die Überführung von Nutzfahrzeugen. Die betreffenden Fahrzeuge wurden unter Verwendung persönlicher, an die Fahrer ausgegebener Tankkarten betankt. Alle Tankkartenumsätze liefen über die Muttergesellschaft, die von den Kraftstoffanbietern die Rechnungen über den Kauf von Kraftstoff erhielt. Zum Ende jedes Monats stellte sie ihren Tochtergesellschaften (im Streitfall der polnischen) den für die Überführung von Fahrzeugen bereitgestellten Kraftstoff mit einem Zuschlag in Rechnung.
Die österreichische Gesellschaft hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass sie in Polen keine Kraftstofflieferung, sondern lediglich eine Finanzierungsleistung bewirkt habe. Der EuGH gab ihr recht: Insbesondere habe die österreichische Gesellschaft nicht über den Kraftstoff verfügt, als wäre sie seine Eigentümerin. Vielmehr habe die polnische Tochter den Kraftstoff direkt bei den Anbietern und nach eigenem Ermessen gekauft und dabei vor allem über die Modalitäten des Kraftstoffkaufs frei entschieden. Die Bereitstellung von Tankkarten für die polnische Tochter durch die österreichische Mutter sei eine steuerfreie Kreditgewährung.
Die Verwaltungsauffassung
In seinem Schreiben vom 15. Juni 2004 – das auf das EuGH-Urteil „Auto Lease Holland“ zurückging – legte das BMF für Kraftstofflieferungen im Kfz-Leasingbereich Kriterien zur Abgrenzung von Reihengeschäft und Finanzdienstleistung fest. Aus diesem Schreiben ergeben sich positive Kriterien sowohl für Fälle, in denen nach dem Willen des BMF ein Reihengeschäft über den Kraftstoff anzunehmen ist, als auch Negativkriterien, in denen im Sinne der „Auto Lease Holland“-Grundsätze eine Kraftstofflieferung mit Finanzierungsgeschäft vorliegen soll.
Nach dem Willen des BMF liegt ein Reihengeschäft von der Mineralölgesellschaft über den Leasinggeber an den Leasingnehmer vor, wenn – verkürzt dargestellt –
- Leasinggeber und Leasingnehmer keine besondere Vereinbarung über Kraftstoffverwaltung (oder eine ähnliche Vereinbarung über eine Kreditgewährung beim Bezug von Mineralölprodukten) treffen,
- der Leasingnehmer das Fahrzeug für den beteiligten Tankstellenbetreiber erkennbar im Namen und für Rechnung des Leasinggebers betankt und der Leasinggeber von seiner Berechtigung, die Betankung in seinem Namen und für seine Rechnung zu untersagen, keinen Gebrauch gemacht hat,
- das Entgelt auf jeder Lieferstufe gesondert vereinbart wird und jeder Lieferer selbst das Risiko des Zahlungsausfalls trägt und
- wenn bei Leistungsstörungen jeder Abnehmer gegenüber seinem jeweiligen Lieferer eventuelle Schadenersatzansprüche geltend macht.
Nach Auffassung des BMF liegt bei der Kraftstofflieferung keine unselbstständige Nebenleistung des Leasinggebers an den Leasingnehmer vor.
Liegt eines der vorstehenden Kriterien nicht vor, so handelt es sich um eine Direktlieferung des Kraftstoffs verbunden mit einem Finanzierungsgeschäft – zum Beispiel dann, wenn der Leasingnehmer die Betankung im eigenen Namen vornimmt und er sich die verauslagten Beträge später vom Leasinggeber erstatten lässt.
Diese Grundsätze überträgt das BMF auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Umsätzen im Tankkartengeschäft. Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Obwohl dies in der Praxis bereits so gehandhabt wurde, erhalten die beteiligten Unternehmen in Deutschland nunmehr Rechtssicherheit. Dem Vernehmen nach hatte das BMF nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache „Vega“ überlegt, das Finanzierungsgeschäft positiv zu definieren und zum Regelfall zu erklären. Dies scheint nun (zunächst) vom Tisch zu sein.
Fundstellen
BMF-Schreiben vom 21. Januar 2025 und vom 15. Juni 2004 (Az. IV B 7-S 7100-125/04, BStBl. I 2004, 605);
EuGH C-185/01 „Auto Lease Holland”, Urteil vom 6. Februar 2003; C-235/18 „Vega“, Urteil vom 15. Mai 2019;
BFH V R 26/00, Urteil vom 10. April 2003 (BStBl. II 2004, 571)
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