Aus der Rechtsprechung
Zusatzvergütungen für in der Vergangenheit überlassene Urheberrechte
Der sogenannte „Bestsellerparagraph“ 32a UrhG stellt unter gewissen Voraussetzungen sicher, dass ein Urheber bei besonderem Erfolg seines Werks nachträglich eine angemessene Zusatzvergütung erhält – sogar dann, wenn nicht sein unmittelbarer Vertragspartner, sondern ein Dritter in der Leistungskette von einem „Bestseller“ profitiert. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zu den umsatzsteuerlichen Implikationen im Fall Stellung genommen, dass ein Dritter vergütungspflichtig wird.
Sachverhalt
Der Fall betraf einen selbstständigen Drehbuchautor (Kläger), der in den Jahren 1998 und 2000 zwei Filmmanuskriptverträge abgeschlossen hatte. Er hatte für die umfassenden und exklusiven Nutzungsrechte an seinen Drehbüchern eine Pauschalvergütung erhalten. Seine Vertragspartnerinnen (A bzw. C) hatten die Rechte an Fernsehsender (B bzw. D) weiterübertragen, die die Drehbücher verfilmen und ausstrahlen ließen. Im Jahr 2014 schloss ein Verband, dem der Drehbuchautor angehörte, mit einer Sendergruppe, zu der auch die Fernsehsender gehörten, gemeinsame Vergütungsregeln ab, die auch Altfälle umfassten: Nach Erreichen bestimmter Reichweiten sollten die Autoren jeweils eine Zusatzvergütung erhalten. Der Drehbuchautor erfüllte diese Voraussetzungen und stellte den Fernsehsendern nachträgliche Zusatzvergütungen in Rechnung, die er ohne Umsatzsteuer abrechnete. Als das Finanzamt auf die Zusatzvergütungen Umsatzsteuer erhob, trat der Kläger dem entgegen: Seiner Auffassung nach handelte es sich bei den Zahlungen der B und D, die nicht seine Vertragspartner seien, nicht um Entgelt von dritter Seite. Es fehle am direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Zahlung von B und D und der Leistung des Klägers an A und C.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH handelte es sich bei der nachträglichen Zusatzvergütung der B und D an den Kläger um Entgelt von dritter Seite. Damit habe sich die Bemessungsgrundlage der ursprünglichen Umsätze an A und C geändert.
Entscheidend dafür, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung erbracht werde, sei ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und der Zahlung des Dritten. Es komme nicht darauf an, dass die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorgangs sei. Ob es sich um eine Zahlung (direkt) aufgrund von § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG handelte oder ob sich der Anspruch aus den Vergütungsregeln der Sendergruppe ableitete, musste nach Meinung des Senats nicht entschieden werden: In beiden Fällen bestehe ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang. Was Zahlungen auf Grundlage des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG anging, so stellten sie auch dann, wenn sie von einem Dritten geleistet würden, zivilrechtlich ein zusätzliches Entgelt für die Einräumung der Nutzungsrechte dar und würden damit umsatzsteuerrechtlich für die Leistung des Klägers an A und C entrichtet.
Der BFH grenzte die Zusatzvergütung vom Fall ab, der dem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) „SAWP“ zugrunde gelegen hatte. Dieses Urteil betraf urheberrechtliche Abgaben, die in Polen von Geräteherstellern und Importeuren bestimmter Geräte zu entrichten waren (ähnlich den Vergütungen nach § 54 ff. UrhG). Hier hatte der EuGH entschieden, dass den Abgaben keine Dienstleistungen gegen Entgelt zugrunde lägen, weil es an einem Rechtsverhältnis zwischen den Abgabenpflichtigen und den Rechteinhabern oder Verwertungsgesellschaften fehle. Nach Auffassung des BFH bestehe im Streitfall aber in der Leistungskette Kläger – A/C – B/D ein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht würden.
Fundstellen
BFH XI R 16/20, Urteil vom 8. Mai 2024;
EuGH C-37/16 „SAWP“, Urteil vom 18. Januar 2017
© 2017 - 2024 PwC. All rights reserved. PwC refers to the PwC network and/or one or more of its member firms, each of which is a separate legal entity. Please see www.pwc.com/structure for further details.