Aus der Finanzverwaltung
Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen
Unternehmer, die einen Gegenstand teilweise für unternehmerische und teilweise für unternehmensfremde Zwecke erwerben, haben grundsätzlich ein Zuordnungswahlrecht. Sie können entscheiden, ob sie den Gegenstand ganz, teilweise oder nicht dem Unternehmen zuordnen. Die Zuordnung hat Einfluss auf den Vorsteuerabzug und die spätere Besteuerung von Umsätzen mit dem Gegenstand. Diese Zuordnung muss durch äußere Beweisanzeichen erkennbar werden, sie kann auch konkludent zum Ausdruck kommen. In einem neuen Schreiben setzt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) vor allem die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) zur konkludenten Zuordnung durch objektive Beweisanzeichen um.
Die Entscheidung der Zuordnung zum Unternehmen kann nicht unterstellt werden, vielmehr muss sie durch objektive Beweisanzeichen erkennbar sein (das BMF spricht von „Dokumentation“). Das BMF akzeptiert drei Möglichkeiten zur Dokumentation der Zuordnung:
- Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs.
- Die Heranziehung anderer nach außen hin objektiv erkennbarer Beweisanzeichen.
- Die ausdrückliche Mitteilung an das Finanzamt, wenn keine anderen Beweisanzeichen vorhanden sind.
Regelmäßig erfolgt eine Zuordnung bereits dadurch, dass der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird. Unterbleibt das, soll dies ein gewichtiges Indiz gegen eine Zuordnung zum Unternehmen sein. Allerdings stellt das Schreiben klar: Der Umstand allein, dass der Vorsteuerabzug unterlassen wurde, lässt für sich genommen diesen Schluss noch nicht zu.
Was die anderen objektiv erkennbaren Beweisanzeichen betrifft, so bietet das BMF im Schreiben eine ganze Reihe von Beispielen, wie etwa den Kauf oder Verkauf des Gegenstands unter Firmennamen, die betriebliche Versicherung oder die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung des Gegenstands. Dagegen gelten Zeugenbeweise oder Parteivernehmungen nach Meinung des BMF nicht als objektive Beweisanzeichen. Im Einzelfall könne bei entsprechenden Beweisanzeichen auch von einer nur anteiligen Zuordnung auszugehen sein.
Grundsätzlich ist zwar die Zuordnungsentscheidung bereits bei Leistungsbezug für einen einheitlichen Gegenstand zu treffen. Die Frist, innerhalb derer die Dokumentation erfolgen muss, entspricht der Regelabgabefrist für die Steuererklärung, also regelmäßig dem 31. Juli des Folgejahres. Eine Fristverlängerung für die Steuererklärung wirkt sich laut BMF nicht auf die Dokumentationsfrist aus. Eine spätere Zuordnungsentscheidung ist nicht möglich und erhöht den Vorsteuerabzug nicht. Allerdings genügt es, wenn innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbar gewordene Beweisanzeichen dem Finanzamt nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens gelten für alle offenen Fälle.
Hinweis
Beweisanzeichen als implizite Zuordnungsentscheidungen sind nicht immer unzweideutig. Um einer Auseinandersetzung mit dem Finanzamt aus dem Weg zu gehen, kann es daher ratsam sein, trotz vorhandener anderer Beweisanzeichen zusätzlich eine explizite Erklärung gegenüber dem Finanzamt abzugeben, insbesondere wenn der Vorsteuerabzug nicht aussagekräftig ist (z.B. wegen steuerfreier Ausgangsumsätze) oder Einschränkungen nach § 15 Abs. 1b UStG bestehen. Bei Grundstücken scheint der Umsatzsteuer-Anwendungserlass eine schriftliche Erklärung nahezulegen (vgl. Beispiel 1 in Abschnitt 15.6a Abs. 7 UStG).
Das BMF beharrt auf der gesetzlichen Regelabgabefrist für Umsatzsteuererklärungen als nicht verlängerbarer Dokumentationsfrist. Das nunmehr eigens eingefügte Wort „regelmäßig“ wird nicht erläutert, auch nicht in Hinblick darauf, ob es sich zum Beispiel auf die verlängerten Regelabgabefristen insbesondere für die „Corona-Jahre“ bezieht. In Hinblick auf die Anwendung der Regelabgabefrist ist aber möglicherweise das letzte Wort noch nicht gesprochen: Im Urteil in der Rechtssache XI R 29/21 (XI R 7/19) hat der BFH in Hinblick auf die Anwendung der sogenannten (viel längeren) Beraterfrist angedeutet (allerdings nicht klar zum Ausdruck gebracht), dass diese Frist heranzuziehen sein könne (vgl. Ausgabe 7 unseres Newsletters „Umsatzsteuer-News“ vom Juli 2022).
Fundstellen
BMF-Schreiben vom 17. Mai 2024;
BFH XI R 29/21 (XI R 7/19), Urteil vom 4. Mai 2022
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