Aus der Rechtsprechung
Vorsteuerabzug aus Heizungs-anlage zur Wohnungs-vermietung
Im Fall einer Wohnungsvermietung, die auch die Belieferung mit Wärme und Warmwasser umfasst, ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb und der Installation einer Heizungsanlage ausgeschlossen, weil die Kosten mit der steuerfreien Vermietungsleistung im Zusammenhang stehen. Zur Frage, ob es neben der Mietleistung eine unabhängige (gegebenenfalls steuerpflichtige) „Betriebsleistung“ geben könnte, die auch Wärme- und Warmwasserlieferungen umfasst, äußert er sich nicht.
Sachverhalt
Die Klägerin vermietete ein Haus mit zwei Wohnungen zu Wohnzwecken. Laut Mietvertrag umfasste die Miete die Grundmiete, die kalten Betriebskosten und die Heizungsbetriebskosten (Heizung und Warmwasser). Für die Heizungsbetriebskosten einschließlich Warmwasserversorgung verwies der Mietvertrag auf §§ 7 und 8 der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Verordnung über Heizkostenabrechnung, HeizkostenV). Diese Vorschriften enthalten Regelungen unter anderem dazu, welche Aufwendungen als Betriebskosten einer Heizungsanlage bzw. der zentralen Warmwasserversorgungsanlage auf die Mieter umgelegt werden dürfen.
Im Streitjahr ersetzte die Klägerin die bisherige Heizungsanlage durch eine neue Kesselanlage und Heizung sowie einen neuen Warmwasserspeicher. Für das Streitjahr gab die Klägerin Umsatzsteuervoranmeldungen ab, in der sie Ausgangssteuer auf Wärme- und Warmwasserlieferungen erklärte und die Vorsteuer aus dem Erwerb und der Installation der neuen Heizungsanlage sowie aus den entsprechenden Gaslieferungen abzog. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Wärme- und Warmwasserlieferungen an die Mieter der Klägerin typische Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung seien. Ein Vorsteuerabzug scheide aus, weil die Klägerin ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze getätigt habe.
Das erstinstanzliche Finanzgericht gab der Klage statt. Die Klägerin erbringe steuerpflichtige Wärme- und Warmwasserlieferungen an ihre Mieter und könne daher für die mit diesen Lieferungen im Zusammenhang stehenden Vorleistungen den Vorsteuerabzug geltend machen. Dazu zog das Finanzgericht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache C-42/14 „Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie“ (WAM) heran, aus dem hervorgehe, dass es sich bei den Wärme- und Warmwasserlieferungen um selbstständige Lieferungen und nicht um unselbstständige Nebenleistungen zu der Vermietung handle.
Entscheidung
Der BFH gelangte zum Schluss, dass der Vorsteuerabzug nicht statthaft war: Der Erwerb und die Installation der Heizungsanlage stünden in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der steuerfreien Vermietung und nicht mit der (ggf. steuerpflichtigen) Lieferung von Wärme und Warmwasser.
Der BFH begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Kosten für den Erwerb und die Installation der neuen Heizungsanlage aufgrund geltender Regelungen nicht im Rahmen der Betriebskosten auf den Mieter umlegbar sind, sondern grundsätzlich nur über den Mietzins. Das bestätige sich auch dadurch, dass der Einbau einer neuen Heizungsanlage unter weiteren Voraussetzungen (die hier offenbar nicht vorlagen) zu einer Mieterhöhung berechtigen könne, nicht aber zu umlagefähigen Betriebskosten. Im Streitfall seien die Wohnungen nach den vertraglichen Vereinbarungen mit Heizung vermietet worden, so dass zudem der ausschließliche Entstehungsgrund für den Bezug der Eingangsleistung in der steuerfreien Vermietung zu sehen sei. Die Kosten für den Erwerb und die Installation der Anlage würden, so der BFH, selbst dann in die Kosten der Miete eingehen, wenn die auf den jeweiligen Mieter umgelegten Betriebskosten für Wärme und Warmwasser als Entgelt für eine umsatzsteuerrechtlich eigenständig anzusehende Wärme- und Warmwasserlieferung anzusehen wären. Ob eine solche Leistung im vorliegenden Fall gegeben ist, hat der BFH nicht entschieden und sich somit auch nicht offensichtlich in Widerspruch zu der EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache „WAM“ gesetzt.
Hinweise
Der BFH teilt ausdrücklich mit, dass er in seiner Entscheidung nicht über andere Fallgestaltungen wie zum Beispiel denen des sogenannten Wärme-Contractings (also der Auslagerung der Wärmeversorgung auf dritte Unternehmer) zu entscheiden hatte.
Das Urteil ist über den entschiedenen Fall hinaus interessant: Immer wieder hat der EuGH als eine der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug den Umstand sinngemäß zur Sprache gebracht, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem Eingangsumsatz und ein oder mehreren Ausgangsumsätzen nur dann vorliegt, wenn die Kosten der Eingangsleistungen in den Preis der Ausgangsumsätze eingehen. Die vorliegende Entscheidung zeigt einen anschaulichen Fall, nach welchen Kriterien das erfolgen kann. Dabei macht er auch deutlich, dass Kosten zu den Kostenelementen von Ausgangsumsätzen gehören können, obwohl sie nicht explizit weiterbelastet werden, wenn nach objektiven Umständen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht. Allerdings wirft die sehr am Zivilrecht orientierte Argumentation doch die Frage auf, ob das so auch europarechtlich haltbar ist.
Der BFH vermeidet im Urteil die Erörterung der Frage, ob die Lieferung von Wärme und Warmwasser eine eigenständige Leistung war oder nicht: Auf die Frage, ob die Klägerin neben der Vermietung eine umsatzsteuerrechtlich gesondert zu betrachtende "Betriebsleistung" erbracht habe, als deren Entgelt die durch die Mieter nach § 556 BGB gesondert zu tragenden Betriebskosten anzusehen sein könnten, komme es nicht an. Hier ist die Finanzverwaltung bislang der Auffassung, dass es sich bei der Lieferung von Wärme und Warmwasser „in der Regel“ um Nebenleistungen zur Vermietung und Verpachtung von Grundstücken handle – die somit das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen.
Leider lässt sich nicht eindeutig ersehen, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug auf den Bezug von Gas gewährt wurde, was ein deutliches Indiz für eine unabhängige und steuerpflichtige „Betriebsleistung“ gewesen wäre. Im Sachverhalt kommt zwar zur Sprache, dass die Klägerin auch die Vorsteuer aus den an sie erbrachten Gaslieferungen abzog. Ob es aber bei dem Vorsteuerabzug auf diese Eingangsleistungen blieb, lässt sich weder aus dem Urteil des BFH noch aus dem des erstinstanzlichen Finanzgerichts ersehen. Es bleibt aber zu bemerken, dass der BFH seine Urteilsbegründung erheblich abkürzen und die Frage des Eingangs der Kosten in den Preis der Ausgangsleistungen offenlassen hätte können, sofern er auf eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung entschieden hätte.
Fundstellen
BFH V R 15/21, Urteil vom 7. Dezember 2023, Vorinstanz: Finanzgericht Münster 5 K 3866/18 U, Gerichtsbescheid vom 6. April 2021
EuGH C-42/14 „WAM“, Urteil vom 16. April 2015
© 2017 - 2024 PwC. All rights reserved. PwC refers to the PwC network and/or one or more of its member firms, each of which is a separate legal entity. Please see www.pwc.com/structure for further details.