PwC Tax Insurance Newsflash
Aktuelle steuerrechtliche Informationen und Entwicklungen
Juli 2023
Neues zum Investmentsteuerrecht
Zwischenbericht zur Evaluation des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages einen Zwischenbericht per April 2023 über die Evaluation des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung vorgelegt. Der Zwischenbericht ist noch vorläufig, ein Gutachten zur „Auswirkungen der Investmentsteuerreform auf den Fondsstandort Deutschland und Angemessenheit der Teilfreistellungssätze“ sei noch ausstehend.
Auf Basis der bisherigen Untersuchungen kommt das BMF zu dem Ergebnis, dass
- durch die Reform die vorherigen EU-rechtlichen Risiken ausgeräumt werden konnten und keine wesentlichen neuen Risiken geschaffen wurden;
- mit der Investmentsteuerreform adressierte Steuersparmodelle und insbesondere in Verbindung mit § 36a EStG den sog. Cum/Cum Gestaltungen wirksam begegnet wurde. In Bezug auf Cum/Cum wird jedoch der hohe bürokratische Aufwand eingeräumt;
- für Investmentfonds tatsächlich eine Vereinfachung erreicht werden konnte, die jedoch insbesondere durch die komplexen Übergangsregelungen relativiert wird;
- bei Spezial-Investmentfonds erwartungsgemäß rechtliche Komplexität und administrativer Aufwand gestiegen sind.
Im Zwischenbericht fällt auf, dass die Themen Steuergestaltungen, Steuersparmodelle und „Cum/Cum-Gestaltungen“ prominent diskutiert werden, während im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens der Schwerpunkt mehr auf EU-Rechtskonformität und administrativer Erleichterung zumindest für Publikumsfonds lag.
Das BMF erwähnt im Zwischenbericht im Anschluss mögliche weitere Vereinfachungen zu prüfen. Im Rahmen des Berichts wurden bei der Finanzverwaltung und verschiedenen Interessenverbänden über Umfragen dazu Daten erhoben. Der Tenor des Zwischenberichts scheint, dass das BMF mit den Resultaten der Investmentsteuerreform im Wesentlichen zufrieden ist und mithin keine wesentlichen Anpassungen erforderlich seien.
Erstinstanzliche Entscheidung zu Ein-Anleger-Spezial-Investmentfonds: Kein Vorrang des § 39 Abs. 2 AO
Unter den Regelungen des Investmentsteuergesetzes bis zum 31. Dezember 2017 (altes Recht) ist strittig, inwieweit für Ein-Anleger-Spezial-Investmentfonds, bei denen der Anleger faktisch die Verwaltung des Vermögens selbst übernimmt, die Regelungen des Investmentsteuergesetzes in Anspruch genommen werden konnte. Die deutsche Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass mangels Fremdverwaltung des Vermögens in diesen Fällen § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zur Anwendung kommt, also eine Zurechnung und Versteuerung der im Spezial-Investmentfonds gehaltenen Wirtschaftsgüter direkt beim Anleger erfolgt und die Regelungen des Investmentsteuergesetzes nicht anwendbar seien. Im Zeitraum bis 2017 wurden solche Fälle von der Finanzverwaltung flächendeckend aufgegriffen und die Thematik in der Literatur umfangreich diskutiert.
In den letzten Jahren war es um das Thema etwas stiller geworden, ein geplantes BMF-Schreiben wurde nie veröffentlicht. Mit Urteil vom 24. August 2022 (12 K 1540/19) hat das FG Köln entschieden, dass eine Fremdverwaltung in der damals gültigen Fassung des Investmentrechts nicht vorgeschrieben war und die Anwendung des InvStG 2004 im vorliegenden Fall somit zutreffend erfolgte (Pressemitteilung FG Köln vom 27. Februar 2023). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Revision ist unter dem Aktenzeichen VIII R 18/22 anhängig.
In Folge der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung bis zum 31. Dezember 2017 und einer entsprechend Rechtsänderung zum 1. Januar 2018 haben viele institutionelle Anleger mit Ein-Anleger-Fonds ihre Prozesse für Anlageentscheidungen angepasst. Durch das Urteil des FG Köln, dass nach altem Recht Ein-Anleger-Spezial-Investmentfonds insoweit unproblematisch sind, sinken damit die Rechtsrisiken für Altjahre. Erfreulicherweise kommt es hier in den kommenden Jahren dann zu einer höchstrichterlichen Entscheidung, um Rechtssicherheit herzustellen.
Ausschluss ausländischer Investmentfonds von der Steuerbefreiung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit
Ausgangspunkt des EuGH-Urteils vom 27. April 2023 (C-537/20) war ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (BFH). Die Entscheidung bezieht sich noch auf das alte Recht. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 sind nur inländische Investmentfonds von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Im konkreten Sachverhalt handelte es sich um einen ausländischen geschlossenen Spezial-Immobilienfonds mit ausschließlich ausländischen Anlegern, der mangels Anwendbarkeit der Steuerbefreiung mit seinen inländischen Vermietungseinkünften der beschränkten Steuerpflicht unterlag. Der BFH sah eine mögliche Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit im vorliegenden Sachverhalt und legte folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vor:
“Steht Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (jetzt: Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, der zufolge inländische Spezial-Immobilienfonds mit ausschließlich ausländischen Anlegern von der Körperschaftsteuer befreit sind, während ausländische Spezial-Immobilienfonds mit ausschließlich ausländischen Anlegern hinsichtlich ihrer im Inland erzielten Vermietungseinkünfte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen?”
Der EuGH bejaht das Vorliegen einer Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Grundsätzlich dienen die deutschen Regelungen dem Zweck, die Besteuerung der über Investmentfonds bezogenen Einkünfte einmal sicherzustellen, entweder auf Ebene der Anleger (inländischer Fonds) oder auf Ebene des Fonds (ausländischer Fonds). Für den Fall eines ausländischen Fonds mit inländischen Anlegern gibt es zwar grundsätzlich Anrechnungsmöglichkeiten zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die tatsächliche Vermeidung der Doppelbesteuerung hänge jedoch von der konkreten Situation des jeweiligen Anlegers ab. De facto kann es zu einer Benachteiligung kommen. Die Sachverhalte seien auch vergleichbar und sonstige Rechtfertigungen nicht einschlägig.

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