Tax
Gleich zwei der gegenwärtig diskutierten Entwürfe der Bundesregierung und des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) beinhalten Vorschläge zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes.
Aktuelle Entwürfe zu Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz
Der Regierungsentwurf zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz, der vom Bundeskabinett am 30. August 2023 beschlossen wurde, enthält lediglich eine Regelung hinsichtlich der Einbringung von Grundstücken in Personengesellschaften. Der vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) Anfang Juli an die Länder übersandte Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes beinhaltet hingegen umfassende Änderungen der Erwerbs- und Befreiungstatbestände.
Regierungsentwurf zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz
Hintergrund für die im Regierungsentwurf enthaltene Änderung ist eine ab dem 1. Januar 2024 wirksame Änderung des Zivilrechts (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, MoPEG1). Als wesentliche Neuerung besteht diese Novellierung im Abschied vom traditionellen Gesamthandsprinzip und in der Anerkennung deutscher Personengesellschaften als selbstständige Trägerinnen von Rechten und Pflichten.
Aufgrund der nunmehr auslaufenden gesamthänderischen Mitberechtigung wurden Übertragungen von Grundstücken zwischen einer Personengesellschaft (als Gesamthand) und deren Gesellschafter:in(nen) grunderwerbsteuerlich insoweit privilegiert, als dass die Grunderwerbsteuer nicht erhoben wurde, wenn die Gesellschafter:innen die jeweiligen Vor- und Nachbehaltensfristen bezüglich der gesamthänderischen Mitberechtigung von bislang zehn Jahren einhielten. Aufgrund der vorgenannten Änderung des Personengesellschaftsrechts werden noch laufende Behaltensfristen zum 1. Januar 2024 unterbrochen. Folglich wäre zum Beispiel bei einer Übertragung einer Immobilie von einem:einer Gesellschafter:in auf eine deutsche Personengesellschaft im Jahre 2022 die Grunderwerbsteuer im Januar 2024 nachzuerheben. Um diese Folgewirkung zu vermeiden, beinhaltet der Gesetzesentwurf eine Regelung (§ 23 Abs. 25 GrEStG-E), wonach die Änderung des Personengesellschaftsrechts für Altfälle nicht zu einer Verletzung von Nachbehaltensfristen im Sinne der §§ 5−7 GrEStG führt und die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nach neuem Recht an die Stelle des Gesamthandsvermögens tritt.
Allerdings beinhaltet der Gesetzesentwurf lediglich eine Grandfathering2-Regel für Altfälle. Für nach dem Stichtag (31. Dezember 2023) verwirklichte Übertragungen gilt diese Regelung hingegen nicht. Die Privilegierungen der §§ 5−7 GrEStG werden daher ab dem 1. Januar 2024 auf deutsche MoPEG-Personengesellschaften keine Anwendung mehr finden. Entsprechende Reorganisationen sollten deshalb zeitlich so geplant werden, dass diese nach Verabschiedung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes noch vor dem 31. Dezember 2023 umgesetzt werden können. Vertiefend zum Regierungsentwurf verweisen wir auf unseren Newsflash steuern+recht.
Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes mit umfassender Neuregelung der Erwerbs- und Befreiungstatbestände
Dieser vom Bundesministerium der Finanzen an die Länder versandte Entwurf basiert in weiten Teilen auf einem von einem Arbeitskreis an der Universität Leipzig entworfenen Modernisierungsmodells. Die Erörterungen der Länder bezüglich dieses Entwurfs sind gegenwärtig noch nicht abgeschlossen. Dem Vernehmen nach ist der Entwurf noch nicht mehrheitsfähig, da mit Steuerausfällen gerechnet wird. Daher ist derzeit offen, ob er tatsächlich zum 1. Januar 2024 in geltendes Recht umgesetzt werden kann.
Der Diskussionsentwurf beinhaltet dieselbe Grandfathering-Regel für Alteinbringungsfälle in Gesamthandsgemeinschaften wie der Regierungsentwurf zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Darüber hinaus enthält er eine umfassende Neuausrichtung bei der Besteuerung sogenannter Share Deals (unmittelbare oder mittelbare Übertragung von Anteilen an Gesellschaften mit inländischem Grundbesitz) sowie grundlegende Anpassungen und Verbesserungen bei der Gewährung von Steuervergünstigungen für Umstrukturierungen im Konzern und für Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschafter:innen.
Die Besteuerung von Share Deals soll einheitlich und rechtsformneutral neu geregelt werden. Vereinfacht gesprochen soll nur noch die Vereinigung von 100 Prozent an einer Grundstücksgesellschaft der Grunderwerbsteuer unterliegen. Die Übertragungsregeln (unmittelbare oder mittelbare Übertragung von 90 Prozent der Anteile innerhalb von zehn Jahren, § 1 [2a], 1 [2b] GrEStG) entfallen ersatzlos und die Vereinigungsschwelle wird von 90 auf 100 Prozent angehoben. Es werden jedoch zwei neue Konzepte, nämlich die sogenannten Erwerbergruppen und das Konzept des „dienenden Interesses einer Person“ eingeführt. Im Kern sollen Gestaltungen, bei denen eine Gruppe von Erwerber:innen gemeinsam 100 Prozent erwirbt oder ein verbleibender Anteil durch einen Dritten im Interesse der Hauptinvestoren gehalten wird, der Steuer unterliegen. Daneben enthält der Entwurf in einem neuen § 1b GrEStG erstmals auch Bestimmungen zu Sondervermögen im Sinne des § 1 Abs. 10 KAGB und vergleichbaren Investmentvermögen in Vertragsform nach ausländischem Recht.
Des Weiteren werden die Steuervergünstigungen teilweise neu geregelt. Unter anderem werden Erwerbsvorgänge von der Steuer ausgenommen, wenn sich der bestimmende Einfluss einer Person auf das Grundstück durch diesen Erwerbsvorgang nicht ändert. Vertiefend zum Diskussionsentwurf verweisen wir auf unseren Newsflash steuern+recht und unsere Real Estate Tax Services News.
Fazit
Investoren, die gegenwärtig eine Umstrukturierung immobilienhaltender Gesellschaften planen, sollten die weitere Entwicklung genau beobachten und den besten Zeitpunkt für die Umsetzung des dann anwendbaren Rechts abwägen.

Marcel Mies, RA/StB leitet als Partner aus Düsseldorf und National Leader den Bereich Real Estate Tax von PwC. marcel.mies@pwc.com
[1] Vgl. BGBl. I S 3436.
[2] „Grandfathering“ bezeichnet eine Regelung, die für vor einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag), etwa dem Inkrafttreten eines Gesetzes, geltende Rechtsvorschriften einen Bestandsschutz anordnet.

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