Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit wird zu oft strategisch unterschätzt
Nachhaltigkeit und ESG entwickeln in der Branche immer noch zu wenig Dynamik. Nahezu 4 von 10 Unternehmen haben keine explizite Strategie zu den Themen Umwelt, Soziales oder Governance und Compliance formuliert.
Lediglich knapp ein Drittel der Unternehmen hat eine Nachhaltigkeits-Roadmap definiert; 15% veröffentlichen einen Nachhaltigkeitsbericht.
der befragten Maschinenbauer haben eine ausformulierte Nachhaltigkeits-Roadmap.
der befragten Maschinenbauer fühlen sich gut oder sehr gut auf Anforderungen seitens der Regulatoren vorbereitet (z.B. EU-Taxonomie).

Immer noch sind Eigenentwicklungen bei der Definition von Zielwerten am weitesten verbreitet.
Insgesamt ist es bemerkenswert, dass sehr viele Unternehmen immer noch Zielwerten folgen ohne Bezug auf externe Vorgaben oder eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei mangelt es nicht an Orientierung, z.B. an bestehender Regulatorik oder global geltenden Referenzrahmen wie der Science Based Targets initiative (SBTi).
“Zu viele Unternehmen tendieren immer noch dazu, eigens entwickelte KPIs zu verfolgen, anstatt sich an wissenschaftlichen Bezugsrahmen zu orientieren. Anders gesagt: Eigenregie schlägt empirische Evidenz.”
(Bernd Jung, Leiter Industrial Manufacturing bei PwC und Strategy&)
Ressourceneffizienz als Gamechanger: Wie Nachhaltigkeit den Maschinenbau retten kann
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist traditionell ein wichtiger Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft. Jedoch stellen volatile Rohstoffpreise, wachsende regulatorische Anforderungen und die negative Konjunktur- und Umsatzprognosen die Branche vor große Herausforderungen. Zusätzlich besteht die Anforderung, umweltfreundlichere und nachhaltigere Produktionsmethoden zu entwickeln, denn der Kundennutzen bestimmt sich nicht mehr nur aus dem klassischen Dreieck aus Qualität, Zeit und Kosten, sondern wurde um die Dimension der Nachhaltigkeit erweitert. Das eröffnet nicht nur mögliche neue Wettbewerbsvorteile, sondern stellt auch einen wesentlichen Faktor für die Überlebensfähigkeit und den wirtschaftlichen Erfolg deutscher Maschinen- und Anlagenbauer dar.
Nachhaltigkeit als neuer Eckpfeiler des Kundennutzens:
Bei Kaufentscheidungen ist für den Kunden klar: das Produkt muss nicht nur qualitativ hochwertig und funktional sein, sondern auch pünktlich geliefert werden und kostengünstig sein. Seit Generationen bildeten diese drei Faktoren (Qualität, Zeit und Kosten) das klassische Dreieck des Kundennutzens. Nachhaltigkeit ergänzt die klassische Form nun um eine vierte Dimension und wandelt es in ein Quadrat. Das macht die Entscheidungsfindung für den Kunden komplexer, aber auch zukunftsorientierter.
Kunden achten zunehmend bei Kaufentscheidungen auf den CO2-Fußabdruck, den Energieverbrauch, die Kreislauffähigkeit und soziale Aspekte der Produkte. Unternehmen, die diese Kriterien effektiv bedienen, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil.

klassisches Dreieck

neue Dynamik
Die Tatsache, dass Europa, aber auch Deutschland existenziell von Energie- und Rohstoffimporten abhängig ist, wurde nicht zuletzt durch die letzten Krisen, wie insbesondere den Russland-Ukraine-Krieg, augenscheinlich. In Zeiten knapper werdender Ressourcen erhält die sogenannte Ressourceneffizienz eine immer stärkere Bedeutung.
Zwar ist Ressourceneffizienz ein wichtiges strategisches Thema der Branche, jedoch räumen weniger als die Hälfte der befragten Entscheider im Maschinenbau aktuell der nachhaltigen Wertschöpfungskette bzw. Beschaffung Priorität ein (Vorjahr: 52%). Beim Thema Kreislaufwirtschaft sind es lediglich knapp ein Drittel (Vorjahr: 46%).
Dabei erfüllt Ressourceneffizienz eine doppelte Funktion: zum einen als Umweltmaßnahme, zum anderen als wesentlicher Bestandteil einer Kostenredukrionsstrategie.
Maßnahmen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz
Den Unternehmen stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, um ihre Ressourceneffizienz zu verbessern. Dazu zählen unter anderem technische Maßnahmen wie die Verbesserung der Produktion; aber auch betriebswirtschaftliche und organisatorische Maßnahmen gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Die Verbesserung von Produkten bezieht sich auf die Entwicklung effizienterer und langlebigerer Produkte, die weniger Ressourcen in der Herstellung und während ihrer Nutzungsphase verbrauchen. Durch die Verwendung leichterer Materialien oder den Einsatz modularer Designs können sowohl Materialkosten als auch Produktionskosten reduziert werden. Dies kann durch Forschung und Entwicklung sowie durch die Implementierung von Feedback-Schleifen mit Kunden und Nutzern realisiert werden.

Ein Technologiewechsel bedeutet den Einsatz neuer, effizienterer Technologien in der Produktion, wie z.B. die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen oder die Einführung digitaler Zwillinge additiver Fertigungsverfahren wie 3D-Druck. Diese Technologien können den Ressourcenverbrauch erheblich senken und Energiekosten reduzieren. Die Realisierung erfolgt durch Investitionen in neue Maschinen und Anlagen sowie Schulungen für Mitarbeiter.

Im Rahmen der Optimierung von energie- und ressourcenintensiven Produktionsschritten kann durch den Einsatz energieeffizienter Maschinen oder die Verbesserung von Prozessabläufen der Energieverbrauch gesenkt werden. Dies wird durch Prozessanalysen, den Einsatz von Energiemanagementsystemen und kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) erreicht.

Ein bewusster Einkauf bedeutet, dass Unternehmen bei der Beschaffung von Rohstoffen und Produktionsanlagen auf Nachhaltigkeit und Effizienz achten. Dies kann durch die Auswahl von Lieferanten, die umweltfreundliche Materialien anbieten, oder den Erwerb energieeffizienter Maschinen erreicht werden. Die Umsetzung erfolgt durch die Entwicklung einer nachhaltigen Einkaufsstrategie und die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in Entscheidungsprozesse.
Fallbeispiel: Ressourceneffizienz in der Praxis
Ein herausragendes Beispiel für erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategien in der industriellen Produktion ist ein Unternehmen, das auf innovative und ressourceneffiziente Lösungen wie ein Rücknahme- und Recyclingprogramm für gebrauchte Produkte und den Einsatz wiederverwendbarer Verpackungen setzt. Es hat auch in seine Energieunabhängigkeit an einem seiner Standorte investiert, etwa durch die Installation einer Photovoltaik-Anlage und eines Energiespeichersystems.
Der Fokus des Unternehmens lag unter anderem darauf, Materialien im Kreislauf zu halten, insbesondere Aluminium und seltene Erden. Diese Materialien sind entscheidend für die Funktionalität ihrer Produkte, generieren in ihrer Gewinnung aber auch wesentliche Umweltprobleme. Das Recycling dieser Rohstoffe trägt zur Ressourcen- und Umweltschonung bei und reduziert die Abhängigkeit von Rohstofflieferanten. Dafür hat das Unternehmen ein Rücknahmesystem für Altprodukte entwickelt und betreibt deutschlandweit zahlreiche Sammelstellen. Dieses System ermöglicht es, wertvolle Rohstoffe aus alten Produkten zu recyceln.
Fazit
Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz sind keine optionalen Extras mehr, sondern zentrale Bestandteile der Geschäftsstrategie im deutschen Maschinen- und Anlagenbau. Unternehmen, die frühzeitig auf diese Trends setzen und innovative Lösungen entwickeln, werden langfristig erfolgreicher sein. Die Integration von Nachhaltigkeit in das magische Dreieck der Kundenanforderungen – Qualität, Zeit und Kosten – erweitert das Spielfeld und eröffnet neue Perspektiven für mehr Wachstum und Wettbewerbsvorteile. Wer jetzt die richtigen Schlüsse zieht und in nachhaltige Technologien und Prozesse investiert, sichert sich seinen Platz im sich stark verändernden Marktumfeld.
CSRD-Reporting: Herausforderung der praktischen Umsetzung
Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) soll bis Ende 2024 in deutsches Recht umgesetzt werden. Unternehmen, die bereits nach der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) eine nicht-finanzielle Erklärung abgeben mussten, sind für das Geschäftsjahr 2024 verpflichtet, einen CSRD-Nachhaltigkeitsbericht nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) aufzustellen. Ab 2025 ergibt sich dann eine deutliche Ausweitung des Anwenderkreises, da auch alle im Sinne der Richtlinie großen Unternehmen (hier gelten die gleichen Größenkriterien wie im HGB) berichtspflichtig werden.
Der Nachhaltigkeitsbericht muss mit begrenzter Sicherheit durch einen Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Dies macht neue Strukturen, eine bessere Datenqualität und -nutzung sowie nicht zuletzt ein Problembewusstsein in den Entscheidungsebenen der Unternehmen notwendig. Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz sind keine optionalen Extras mehr, sondern zentrale Bestandteile der Geschäftsstrategie im deutschen Maschinen- und Anlagenbau.
Unternehmen, die frühzeitig auf diese Trends setzen und innovative Lösungen entwickeln, werden langfristig erfolgreicher sein. Die Integration von Nachhaltigkeit in das magische Dreieck der Kundenanforderungen – Qualität, Zeit und Kosten – erweitert das Spielfeld und eröffnet neue Perspektiven für mehr Wachstum und Wettbewerbsvorteile. Wer jetzt die richtigen Schlüsse zieht und in nachhaltige Technologien und Prozesse investiert, sichert sich nicht nur einen Platz im Markt, sondern trägt auch entscheidend zur Bewältigung globaler Herausforderungen bei.

Umfang neuer Prozessstrukturen
Der erweiterte Berichtsumfang macht es erforderlich, bestehende Prozessstrukturen zur Ermittlung von Nachhaltigkeitsdaten grundlegend zu überdenken. Mit anderen Worten: Unternehmen, die bisher noch nicht der NFRD unterlagen, müssen sich ab 2025 ganz neu aufstellen.
Insbesondere für Maschinenbauer, die metallische oder chemische Vorprodukte in der Wertschöpfungskette verarbeiten, sind viele ESRS-Standards im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse wesentlich und insofern berichtspflichtig.
Dabei laufen derzeit noch zu viele Datenermittlungsprozesse, überwiegend manuell und tendenziell fehlerbehaftet ab. Sie müssen künftig effizienter gestaltet werden, um das immense Datenaufkommen bewältigen zu können. Die aufwendige Umstellung der bestehenden Prozessstrukturen erfordert einen bisher nicht gekannten Transformationsprozess, der rechtzeitig angestoßen werden muss.


Tone at the top
In unseren Gesprächen mit betroffenen Unternehmen stellen wir immer wieder fest, dass viele Entscheidungsträger den deutlich gestiegenen Berichtsumfang, die Vielfalt an Informationen sowie den Aufwand zur Implementierung erforderlicher Prozesse schlicht unterschätzen. Der Aufbau von personellen Ressourcen erfolgt entsprechend langsam, bestehendes Personal wird zu spät weitergebildet. Wir sind der Meinung: Der Tone at the top muss stimmen. Die Führungsebene muss ein Bewusstsein für die Bedeutung der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickeln und diese auch artikulieren, damit sie im Unternehmen eine ähnliche oder gar gleich hohe Aufmerksamkeit genießt wie die „klassische“ Finanzberichterstattung.

Neue Anforderungen an die Datenqualität
Die Anforderungen an die Qualität von Nachhaltigkeitsdaten steigen aufgrund der Prüfungspflicht deutlich. Bisher wurden Nachhaltigkeitsdaten oft manuell aus verschiedenen IT-Systemen zusammengeführt. Oft genügen diese Systeme nicht den typischen Anforderungen wie Unveränderbarkeit, Vollständigkeit und Richtigkeit. Doch die Zeit drängt: Um die verpflichtende Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts wirtschaftlich durchführen zu können, ist es jetzt unerlässlich, entsprechende IT-Systeme für Nachhaltigkeitsdaten zu implementieren.

Ausblick
Die aktuell laufenden Beratungs- und Prüfungsprojekte zeigen vielfältige Probleme bei der Umsetzung der CSRD-Berichtserfordernisse. Vor allem binden sie sehr viele personelle Ressourcen im Implementierungsprozess – sowohl auf Unternehmensseite als auch auf Berater- bzw. Prüferseite.
Die EU-Kommission schätzt, dass ab 2025 etwa 15.000 deutsche Unternehmen erstmals berichts- und prüfungspflichtig werden. Wenn sie eingeschränkte und/oder gar versagte Prüfungsvermerke vermeiden wollen, müssen sie die aufgezeigten Probleme im Implementierungsprozess rechtzeitig identifizieren und lösen.
Sie benötigen Unterstützung bei der Implementierung der CSRD Anforderungen?
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Dr. Thomas Wolf
Senior Manager I Business Development Industrial Manufacturing Tel.: +49 170 2208102 t.wolf@pwc.com

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